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Kein Urteil im Dopingprozess gegen Ewald

Das Berliner Landgericht steigt nach den Plädoyers überraschend wieder in die Zeugenvernehmung ein

BERLIN dpa ■ In letzter Sekunde hat das Berliner Landgericht die Urteilsverkündung im Spitzenprozess um das systematische Doping im DDR-Sport verschoben. Die 38. Große Strafkammer eröffnete gestern überraschend nochmals die Beweisaufnahme im Verfahren gegen DDR-Sportchef Manfred Ewald – die kurzfristig als Zeugin geladene und bereits wegen Dopingvergabe verurteilte ehemalige DDR-Trainerin Helga Börner erschien jedoch nicht.

Viele Doping-Opfer, die auf eine Verurteilung Ewalds und des mitangeklagten Sportarztes Manfred Höppner gehofft hatten, empfanden die Verlängerung des Prozesses als Farce. „Das ist lächerlich. Das hätte dem Gericht eher einfallen können“, sagte Brigitte Michel, die als Diskuswerferin beim TSC Berlin ebenfalls von der geladenen DDR-Trainerin Börner betreut worden war.

Börner sollte zur Vergabe von männlichen Hormonen an zwei der insgesamt 22 Nebenkläger aussagen. Hintergrund ist, dass bei der Ex-Kugelstoßerin Birgit Boese und bei der früheren Schwimmerin Kathrin Menschner unklar ist, ob auch sie in das systematische Doping-Programm für die so genannten Kader-Athleten eingebunden waren. Die ehemaligen Sportlerinnen selbst konnten im Gegensatz zu anderen Nebenklägern nicht mit Sicherheit sagen, ob sie in einem A-, B- oder C-Kader und damit automatisch in einer zentralen staatlichen Doping- Konzeption waren, für die ab Mitte der 70er-Jahre Manfred Höppner verantwortlich zeichnete. Richter Dickhaus sagte nach der Verhandlung, er könne noch nicht sagen, ob die Kammer am kommenden Donnerstag ein Urteil verkünden werde. Dies sei aber auch nicht ausgeschlossen. Nach Angaben von Justizsprecherin Michaela Blume wollte das Gericht noch zwei frühere Trainerinnen als Zeugen vernehmen. Die Staatsanwaltschaft hatte für beide Angeklagte zwei Jahre Haft auf Bewährung gefordert, die Ewald-Verteidigung hingegen auf Freispruch plädiert.

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