piwik no script img

Kohl lässt CDU im Regen stehen

Im Untersuchungsausschuss zur CDU-Affäre nannte der Ex-Kanzler auch bei seinem zweiten Auftritt keine Spendernamen. Gestern blieb er zu Hause, während sich seine Parteifreunde heftiger Angriffe der anderen Fraktionen erwehren mussten

aus Berlin KARIN NINK

Das Verhalten des Unionsobmannes im Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre, Andreas Schmidt, führt zu einer weiteren Verhärtung der Fronten zwischen der Union und anderen Parteien. Das zeigte sich auch gestern in der Aktuellen Stunde im Bundestag.

Während die Unionsvertreter Rot-Grün eine „Diffamierung der CDU“ vorwarfen, kritisierten Vertreter der Koalition, der FDP und der PDS die Starrköpfigkeit von Schmidt und forderten Partei- und Fraktionspitze der CDU auf, Schmidt aus dem Ausschuss abzuziehen. Helmut Kohl blieb dem Bundestag gestern fern.

Schmidt war zwar anwesend, sprach aber nicht im Plenum. Er hält es nach wie vor für richtig, dass er sich regelmäßig vor der Vernehmung von wichtigen Zeugen mit Kohl getroffen hat. Im Untersuchungsausschuss hatte er angekündigt, er wolle dies auch weiterhin tun, „wenn es nötig ist“. Das ist der Punkt, der seine Gegner besonders erbost: „Hätten Sie den Fehler eingesehen, dann wären wir wieder gemeinsam in einem Boot gewesen“, rief ihm Peter Danckert (SPD) zu.

Auch der FDP-Politiker Max Stadler zeigte sich entsetzt darüber, dass Schmidt auch künftig „den äußeren Schein“ wahren wolle, „als sei er unabhängig“. Stadler warnte davor, dass der Untersuchungsausschuss als demokratische Institution Schaden nehmen könne: „Wer meint, ein Untersuchungsausschuss sei ausschließlich ein parteipolitisches Kampfinstrument, legt die Hand an die Wurzeln der Institution.“

Claudia Roth von den Grünen sprach bezüglich Schmidts Uneinsichtigkeit von einem „beispiellosen Verfall der politischen Sitten“ und warnte eindringlich vor einer „Errosion der Demokratie in Deutschland“.

Einen Tag nach der zweiten Vernehmung von Kohl vor dem Untersuchungsausschuss war vielerorts nur Kopfschütteln über das Verhalten des Exkanzlers festzustellen.

Die Bundesregierung wies energisch Vorwürfe Kohls zurück, der „Tatort“ der Aktenmanipulation im Kanzleramt liege nach Kohls Zeit. Kohl hatte bei seiner Vernehmung am Donnerstagabend entsprechende Andeutungen gemacht, die er später aber wieder relativierte.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Hans-Peter Repnik, forderte Kohl erneut auf, die Spender zu nennen, von denen er zwischen 1993 und 1998 mehr als zwei Millionen Mark bekommen hat. Im Untersuchungsausschuss hatte Kohl sich erneut geweigert, die Namen zu nennen.

Erstmals gab er aber zu erkennen, dass der Kreis der Spender klein gewesen sei und er das Geld in Kuverts direkt erhalten habe. „Bei den anonymen Spendern gibt es nur eine direkte Linie zwischen den Spendern und mir.“

Ansonsten machte Kohl immer wieder von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und ließ so manche Frage offen. Nervös reagierte er, als ihm der SPD-Abgeordnete Peter Danckert im Zusammenhang mit dem Panzerverkauf an Saudi-Arabien, bei dem der Verdacht besteht, dass das Geschäft erst mit Schmiergeldzahlungen zu Stande kam, zwei Briefe vorhielt, die Kohl an den damaligen Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg schrieb. Beide sind zum selben Thema und wurden am selben Tag verfasst.

Der eine ist offiziellen Inhalts und berichtet über die Zusagen, die Kohl im Zusammenhang mit der Golfkrise US-Außenminister Baker gegeben hatte. In dem zweiten Brief bittet Kohl den „lieben Gerhard“, den damaligen Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Holger Pfahls, mit der Abwicklung seiner Zusage zu beauftragen. Einzelheiten sollte Pfahls mit dem Kohl-Vertrauten Horst Teltschik absprechen.

Die Frage des SPD-Abgeordneten, wieso Kohl zu dem gleichen Themenkomplex zwei unterschiedliche Briefe an den Verteidigungsminister geschrieben habe, konnte Kohl nicht beantworten. „Wieso soll ich ihnen das nach 14 Jahren erklären?“, fauchte er.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen