Nichts als Spesen

Wer bei Neuemission seine Aktien bei Banken ordert, aber nicht zum Zuge kommt, wird abgezockt. Vor dem Auftrag über die Gebühren informieren!

Mit der Telekom-Aktie fing vieles an, beim Börsengang von Infineon schlugen die Wellen noch höher und bei manchen Aktien des Neuen Marktes wird es gelegentlich sogar hysterisch: Wenn Unternehmen Aktien an die Börse bringen, wollen immer mehr Anleger mit dabei sein. Der Grund liegt auf der Hand – ist doch der Emissionspreis, zu dem man solche Aktien zeichnen kann, oft viel niedriger als dann der erste an der Börse notierte Kurs. Innerhalb von wenigen Tagen waren dadurch teilweise 100 Prozent und mehr an Gewinn zu verbuchen. Zumindest in der Theorie ist es auch ganz einfach, an die begehrten Aktien zu kommen. Zur Bank gehen, Depotkonto eröffnen und einen Zeichnungsauftrag in Höhe der gewünschten Stückzahl geben.

In der Praxis gibt es jedoch bedeutende Hürden. So übersteigt die Nachfrage nach den zur Zeichnung angebotenen Aktien das Angebot oft um ein Vielfaches. Manchmal könnten fünfzig Mal mehr Aktien in der Zeichnungsphase verkauft werden als angeboten sind. In der Regel wird daher ausgelost, wer Aktien zugeteilt bekommt. Die Konsequenz ist, dass häufig nur wenige Anleger Aktien bekommen, der größte Teil der potenziellen Aktionäre geht leer aus und kann sich nur noch ärgern über die Zeichnungsgewinne, die nun andere machen.

Doch damit nicht genug. Immer mehr Kreditinstitute – allen voran Volksbanken und Sparkassen – verlangen für das Zeichnen von Aktien Entgelte, die sich oft im Bereich von etwa zehn Mark bewegen, teilweise jedoch bis zu 30 Mark und mehr betragen können. Die Banken begründen dieses Entgelt damit, dass sie für die Bearbeitung der Zeichnungsaufträge Personal und Technik einsetzen müssten, wodurch Kosten entstünden. Pikanterweise wird das Entgelt in der Regel aber nur dann fällig, wenn der Anleger keine Aktien zugeteilt bekommt. Womit zum Ärger über das mangelnde Losglück auch noch eine Belastung des eigenen Kontos kommt. Dagegen müssen die Glücklichen, die Aktien zugeteilt bekommen haben, diese Zeichnungsgebühr üblicherweise nicht bezahlen. Dass solch eine Regelung nicht gerecht ist, liegt auf der Hand. Manche Anleger fühlen sich regelrecht abgezockt.

Doch es gibt Möglichkeiten, sich gegen die Zeichnungsgebühr zu wehren. So muss sie nicht bezahlt werden, wenn im Preisverzeichnis des Kreditinstituts dieser Kostenfaktor fehlt. Bei einer Order per Telefon ist entscheidend, ob der Anleger auf das etwaige gerade neu eingeführte Entgelt aufmerksam gemacht wurde oder nicht. Manche Juristen sind der Ansicht, dass die Kreditinstitute überhaupt keine Entgelte in dieser Form verlangen dürften, weil die Zeichnung von Aktien ein Kommissionsgeschäft darstelle und daher Banken und Sparkassen die Anleger nur bei erfolgreicher Zeichnung zur Kasse bitten dürften. Ob die Banken auf diese Argumentation eingehen oder ob letztlich erst Musterprozesse Klarheit bringen, bleibt abzuwarten.

Auf jeden Fall wird es Kreditinstituten mit Sicherheit sehr schwer fallen zu belegen, wie ein einziger Zeichnungsauftrag 30 Mark Kosten verursachen soll. Es kann wohl auch kaum sein, dass Banken und Sparkassen über Jahre hinweg Anleger auffordern, verstärkt in Aktien zu investieren, dann aber aus dem erwachten Aktieninteresse ungerechtfertigten Gewinn erzielen wollen. Leider ist zu erwarten, dass die Kreditinstitute – egal wie ein möglicher Rechtsstreit über die Zulässigkeit der jetzigen Zeichnungsentgelte ausgeht – juristische Schleichwege finden, um Entgelte in welcher Form auch immer für die Zeichnung von Aktien zu verlangen. So liegt in der Luft, dass in nicht allzu ferner Zukunft nicht mehr nur die bei der Zeichnung erfolglosen Anleger, sondern auch die Anleger, denen Aktien zugeteilt werden, ein spezielles Zeichnungsentgelt zu entrichten haben.

So unerfreulich diese Entwicklung auch ist: Es bleiben den Anlegern neben den rechtlichen Schritten eine Reihe anderer Möglichkeiten, um darauf zu reagieren. So verlangen längst nicht alle Banken Zeichnungsentgelte – Anleger haben damit die Möglichkeit, ein Depot bei einer anderen Bank zu eröffnen. Für erfahrene Anleger bieten sich in diesen Fällen Direktbanken an. Die beraten zwar nicht zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren, haben dafür jedoch sehr häufig günstige Provisionsstaffeln und verlangen keine zusätzlichen Zeichnungsentgelte. Damit hat man nicht nur die Zeichnungsgebühren vermieden, sondern senkt gleichzeitig die Kostenbelastung für den Fall, dass man Aktien zugeteilt bekommt.

Auch können sich Anleger überlegen, ob sie nicht ganz bewusst akzeptieren, dass eine Bank oder Sparkasse für eine Zeichnung ein nicht allzu hohes Entgelt von beispielsweise zehn Mark verlangt. Denn zum einen dürften solche Entgelte dazu führen, dass der eine oder andere Zeichnungswillige abgeschreckt wird. Da damit die Nachfrage nach Aktien aus Neuemissionen geringer wird, steigen die eigenen Chancen auf eine Zuteilung. Zum anderen kann ein Entgelt dazu beitragen, dass man selbst nicht wahllos Aktien zeichnet, sondern genau überlegt, ob es die Chancen des Wertpapiers rechtfertigen, dafür Geld zu bezahlen. Denn in den letzten Monaten gab es auch etliche Neuemissionen, bei denen der Börsenkurs innerhalb weniger Tage weit unter den Emissionspreis rutschte. PETER GRIEBLE

Der Autor ist Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Stuttgart.