: Drei Weise für Wien
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte benennt drei Personen, die Bericht über Österreich vorlegen sollen
BRÜSSEL taz ■ Zwei kritikgezauste Politiker spendeten sich Trost: Österreichs Kanzler Schüssel war bei seinem Besuch gestern in Brüssel bemüht, seinem Gastgeber Romano Prodi um den Bart zu gehen. Dessen diplomatischem Geschick sei es zu verdanken, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte so schnell drei Persönlichkeiten benannt habe, die einen Bericht über die Lage in Österreich erstellen sollen. Wahrscheinlich sei es auch Prodi gewesen, so Schüssel, der dafür gesorgt habe, dass dieses Gremium am Tag seines Brüssel-Besuchs berufen wurde.
Der ehemalige finnische Staatspräsident Martti Athisaari, der deutsche Jurist Jochen Frowein und der ehemalige spanische Außenminister Marcelino Oreja sollen mit einem Bericht über die Lage in Österreich nach fünf Monaten Koalition zwischen Volkspartei und rechtspopulistischer FPÖ die Sanktionspolitik beenden. Einen festen Abgabetermin gibt es nicht. Prodi sprach aber die Hoffnung aus, dass die Arbeit auch in den Sommerferien vorangehen könnte.
„Ich glaube nicht, dass in einem solchen Fall Sanktionen zu besseren Ergebnissen führen, als ein vertiefter Dialog“, unterstützte Prodi die Haltung seines österreichischen Gastes. Der dankte mit einem Seitenhieb auf Chirac: „Ich bin für eine starke Kommission – nicht für ein Parallelsekretariat.“
In seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag hatte Frankreichs Präsident ein neues Sekretariat als Koordinationsorgan für die Länder vorgeschlagen, die künftig enger zusammenarbeiten wollen. Chirac nahe stehende Politiker hatten in den vergangenen Wochen offen verlangt, die Macht der Brüsseler Kommission zu beschneiden.
Schüssel räumte ein, dass er sich mit dem Vorschlag eines Weisen-Berichts zunächst „schwer getan“ habe. Nun aber akzeptiere die gesamte Bundesregierung die Prozedur. Was den Umgang mit Minderheiten und die Rechte von Ausländern angehe, brauche Österreich den Vergleich mit anderen EU-Ländern nicht zu scheuen. Auch wirtschaftlich entwickele sich das Land, zum Beispiel was Arbeitslosenzahlen angehe, musterhaft.
Er hoffe, so Schüssel, dass die drei „Weisen“ ihren Bericht rasch vorlegen und so die für Herbst angedrohte Volksbefragung zur EU überflüssig machen würden.
DANIELA WEINGÄRTNER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen