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Familiennachzug noch in weiter Ferne

EU-Innenausschuss stimmt liberaler Richtlinie weitgehend zu. Doch SPD betont: Das ist keine Vorentscheidung

BERLIN taz ■ Am letzten Tag vor seiner Sommerpause hatte der Innenausschuss des Europäischen Parlaments gestern noch ein heißes Eisen zu behandeln. Der Ausschuss musste darüber abstimmen, was er von einem liberalem Vorschlag der EU-Kommission zur Familienzusammenführung von Nicht-EU-Ausländern hält.

Nach langem Hin und Her stimmte die Mehrheit schließlich dafür, den Vorschlag „weitgehend“ zu begrüßen. Eine Entscheidung ist damit jedoch noch nicht gefallen.

Mit der Richtlinie will EU-Kommissar Antonio Vitorino den Familiennachzug von Ausländern europaweit einheitlich regeln. Sein Entwurf sieht erhebliche Verbesserungen für MigrantInnen vor. So soll der Familiennachzug für Flüchtlinge und Asylbewerber erleichtert werden. Außerdem sollen die Wartefristen verkürzt und das Nachzugsalter erhöht werden.

Ein Inkrafttreten der Vitorino-Richtlinie hätte weitreichende Folgen – allein in Deutschland leben 5,5 Millionen Menschen aus Nicht-EU-Ländern, die von der Regelung betroffen wären. Entsprechend panisch reagiert denn auch die Union. Die CDU-Vertreterin im EU-Innenausschuss, Ewa Klamt, stimmte gegen die Richtlinie und warnte vor einer „Zuwanderungsflut von ungeahntem Ausmaß“. Wenn die Kommissions-Richtlinie umgesetzt werde, sei in Deutschland mit jährlich bis zu 500.000 Zuwanderern zu rechnen – eine Zahl, die von Migranten-Organitionen und den Grünen heftig bestritten wird.

Wie auch immer: Die Union muss sich vorerst keine großen Sorgen machen – anders als im deutschen Bundestag bedeutet der Beschluss eines Aussschusses in Brüssel noch lange nicht, dass auch das EU-Parlament entsprechend entscheiden wird. Dort steht das Thema im September auf der Tagesordnung. „Bis dahin wird es noch viele Änderungsanträge und Verhandlungen geben“, kündigte der Chef der SPD-Gruppe in Brüssel, Martin Schulz, gestern an. Im Gegensatz zu den Grünen will die SPD Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge von den Regelungen zur Familienzusammenführung ausschließen.

Selbst wenn das EU-Parlament der großzügigen Richtlinie zustimmt: Die endgültige Entscheidung trifft der Europäische Rat – und auch da hat Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) ein entscheidendes Wörtchen mitzureden. Schily hatte bereits am Mittwoch betont: „Soweit sie bisher vorliegt, ist die Richtlinie nicht annehmbar.“

LUKAS WALLRAFF

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