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Geisel verlässt Jolo

Philippinische Rebellen lassen einen zweiten Malaysier frei. Außenminister Fischer wird in Manila eine friedliche Lösung des Geiseldramas zugesagt

aus Manila HUGH WILLIAMSON

Die separatistischen Geiselnehmer auf der südphilippinischen Insel Jolo haben gestern eine weitere malaysische Geisel frei gelassen. Der Polizist Abdul Jawa Selawat verließ nach Angaben eines Mittelsmanns bereits in der Nacht zu gestern das Geiselcamp auf der Insel Jolo und wurde auf die Nachbarinsel Basilan gebracht. Heute soll er Malaysias Behörden übergeben werden.

Für die Freilassung wurden keine Gründe genannt. Beobachter halten eine Lösegeldzahlung für wahrscheinlich. „Viel Geld muss geflossen sein, aber die Umstände sind nicht bekannt“, sagte ein europäischer Diplomat in Manila. „Das zeigt, dass Bewegung im Entführungsfall ist, aber heißt auch, dass die Kidnapper jetzt mehr Geld haben und länger durchhalten können.“ Selawat ist die zweite malaysische Geisel, die freigelassen wurde. Vor drei Wochen kam ein Landsmann ebenfalls gegen ein mutmaßlich hohes Lösegeld frei.

Die Freilassung wurde in Manila erst bekannt, als Bundesaußenminister Joschka Fischer schon nach Bangkok abgereist war. Dort äußerte er sich enttäuscht, dass nicht alle Geiseln frei seien. Für Fischer steht die Freilassung nicht im Zusammenhang mit seinem gemeinsamen Manila-Besuch mit dem französischen und dem finnischen Amtskollegen.

Fischer, Hubert Védrine und Erkki Tuomioja waren am Donnerstag nach Manila gereist, um die dortige Regierung zu einer friedlichen Lösung des Geiseldramas zu drängen. Dies sicherte ihnen die philippinische Regierung auch zu. In den vergangenen Wochen hatten die Zeichen auf ein gewaltsames Vorgehen gedeutet. Unter den zum Teil seit dem 23. April gefangenen knapp 40 Geiseln stellen Deutsche, Franzosen und Finnen die größte nichtasiatische Gruppe.

Details über ihre Gespräche mit Präsident Joseph Estrada und Kabinettsmitgliedern nannten die Außenminister nicht. „Es gab viel Neues, aber darüber möchte ich nicht sprechen. Das wäre im Interesse einer Lösung der Krise nicht weise“, sagte Fischer. Er dementierte frühere Berichte, dass er zusätzliche Entwicklungshilfe für die Südphilippinen im Tausch gegen die Geiseln angeboten habe. Die philippinische Vizepräsidentin Gloria Macapagal-Arroyo hatte Anfang des Monats berichtet, Fischer habe ein solches Angebot am Rande einer internationalen Konferenz in Polen gemacht.

Finnlands Außenminister Toumioja verteilte einen Brief der finnischen Geisel Risto Vahanen vom 8. Juli. Darin heißt es, die Geiseln lebten unter „miserablen und inhumanen Umständen“. Viele seien krank, einige stünden kurz vor dem Selbstmord. Zum Schicksal der entführten Journalisten, dem Deutschen Andreas Lorenz und einem dreiköpfigen französischen Fernsehteam, äußerten sich die Minister nicht.

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