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Keine Zensur auf der Expo zugelassen

Amnesty international setzt sich durch: Informationstafeln über Folterungen in der Türkei müssen wieder her

HANNOVER taz ■ Auf Druck der Türkei wollte die Expo eine Austellung von amnesty international über Menschenrechtsverletzungen zensieren.

Am Donnerstag wurden ein Videofilm und Stelltafeln zum Schicksal mehrerer türkischer Kinder und Jugendlicher aus der Menschenrechtsausstellung im Expo-Themenpark verbannt. Gestern nachmittag konnten die Expo-Besucher dann die Ausstellung wieder in ihrer gewohnten Form anschauen. Zuvor musste amnesty allerdings mit dem Rückzug von der Weltausstellung drohen.

Der Zensurversuch geht nach Angaben des Leiters des Themenparkes, Martin Roth, auf einen Brief aus dem türkischen Expo-Pavillon an den stellvertretenden Expo-Generalkommissar Nobert Bargamnn zurück.

Offenbar über den Kopf von Martin Roth hinweg folgte Bargmann am Donnerstag der in dem Brief geäußerten „Bitte, die Fälle aus der Ausstellung zu entfernen“.

Das Video und die Textbeiträge schilderten Misshandlungen von türkischen Kindern und Jugendlichen, die Ende 1995 verhaftet worden waren und im Polizeipräsidium von Manissa zehn Tage lang geschlagen und mit Stromstößen gefoltert wurden. Zehn der Jugendlichen wurden vor drei Jahren wegen angeblicher Verstöße gegen das türkische Anti-Terror-Gesetz zu Gefängnisstrafen verurteilt, wobei unter dem Druck der Folter erpresste Geständnisse als Grundlage dienten.

Von der amnesty-Ausstellung im Expo-Themenpark aus kann man direkt Protestschreiben an die Regierungen faxen, zu den von amnesty dokumentierten Menschenrechtsverletzungen. Bislang haben rund 8.000 Expo-Besucher die Möglichkeit genutzt und bereits per Fax direkt aus dem Themenpark heraus protestiert.

Martin Roth betonte gestern, es sei von Anfang an klar gewesen, dass es zu Konflikten zwischen der Menschenrechtsausstellung und einzelnen Expo-Teilnehmerländern kommen könne. Das Thema Menschenrechte gehöre aber zu einer Weltausstellung und deswegen könne der Beitrag von amnesty in seiner bisherigen Form fortgeführt werden.

Der Videofilm über das Schicksal der türkischen Jugendlichen und Kinder war bereits am Donnerstagabend wieder zu sehen. Um die schriftlichen Beiträge zur Situation in der Türkei wiederherzustellen, mussten nach Angaben von Roth die Texte erneut übertragen und ausgedruckt werden. Auch dies sei bis spätestens heute Mittag abgeschlossen, versicherte der Themenpark-Chef gestern.

JÜRGEN VOGES

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