: Nepper, Schlepper . . .
Bei der Geldanlage reingefallen – was nun? Im Nachhinein ist es schwierig, gegen Betrüger vorzugehen. Besser ist es, sich vorher beraten zu lassen
Auf dem feinen Hochglanzpapier sah das Geldanlagekonzept so schön aus. Auch der Vermittler beteuerte, dass es völlig sicher sei. Locker aus dem Handgelenk rechnete er interessante Renditen vor. Doch Papier ist nun mal geduldig. Und natürlich informierte der Vermittler nicht, dass er erst seit ein paar Wochen dieser Tätigkeit nachging und sich vorher in ganz anderen Berufen versuchte. Daher konnte er auch selbst nicht die Fallen des Anlageangebotes erkennen.
Irgendwann wird es dann immer deutlicher, dass man zum Opfer von Betrügern oder Dilettanten wurde: Es häufen sich kritische Stimmen in der Wirtschaftspresse, versprochene Auszahlungen werden von den Anlageanbietern immer wieder verschoben und bleiben dann ganz aus. Bei telefonischen Anfragen der Anleger lassen sich die bisherigen Ansprechpartner verleugnen und irgendwann bekommt man gar keinen Kontakt mehr. Was aber gibt es noch zu tun, wenn das Kind schon tief in den Brunnen gefallen ist? Während es recht einfach ist, sich vor dem Abschluss eines Anlagevertrages unabhängig informieren und beraten zu lassen (beispielsweise haben viele Verbraucherzentralen entsprechende Angebote), wird es schwieriger, im Nachhinein gegen Betrüger vorzugehen.
Es liegt nahe, aus Wut über das Verhalten der dubiosen Anlagefirma Strafanzeige zu erstatten. Allerdings hat dieser Weg den Nachteil, dass er kaum das Geld zurückbringt. Im Gegenteil: Merken die Betrüger durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, dass die Schlinge enger wird, tauchen sie oft schnell unter und verschieben die ergaunerten Gelder auf schwierig zu rekonstruierenden Wegen. Selbst wenn – was häufig der Fall ist – der Anlagebetrüger gefasst und verurteilt wird, bleiben in der Regel große Teile der Gelder verschwunden. Noch weniger erfolgreich ist eine Strafanzeige, wenn die Betrüger, wie beispielsweise die so genannte „Nigeria-Connection“, in einem Land mit eher geringen rechtsstaatlichen Gegebenheiten sitzen.
Der erste sinnvolle Schritt nach einer missglückten Anlage ist der Gang zu einer Verbraucherberatung. Dort kann man sich nach möglicherweise bereits vorliegenden Urteilen zu den Anlageanbietern erkundigen und oftmals auch eine erste Einschätzung des persönlichen Falles bekommen. Auf Grund dieser Informationen kann man dann fundierter eine erste Einschätzung vornehmen, ob es sich lohnen könnte, um das verlorene Geld zu kämpfen oder ob man die Anlage besser „abschreibt“ und den Verlust als Lehrgeld ansieht. Denn was auch immer helfen soll, das angelegte Geld zurückzuholen: Es wird wiederum Geld kosten.
Als rettender Strohhalm erscheinen vielen Anlegern Interessenvereinigungen von Geschädigten. Doch man sollte hierbei besondere Vorsicht walten lassen. So gibt es zwar auf der einen Seite sicher manchmal den ehrenwerten Versuch von betroffenen Mitanlegern, noch zu retten, was zu retten ist. Allerdings konnte in der Vergangenheit auch die Erfahrung gemacht werden, dass manche Initiatoren solcher Geschädigtenvereinigungen aus dem Dunstkreis der unseriösen Anlagefirma selbst stammten. Die Anleger sollten auf diese Weise ein zweites Mal abgezockt werden. In einem kuriosen Fall bot ein amerikanisches Unternehmen an, von betroffenen Anlegern Anteile einer in Konkurs gegangenen Firma zu übernehmen. Bezahlen wollte das Unternehmen aber nichts dafür. Lieber bot es den Anlegern im Gegenzug an, eine „Mitgliedschaft in einem faszinierenden Urlaubsclub“ zu erwerben – gegen Zahlung eines Betrages in nicht genannter Höhe.
Eine Interessenvereinigung, die tatsächlich die Interessen der Anleger im Auge hat, kann beispielsweise nach Wegen suchen, um von den Betrügern versteckte Gelder aufzutreiben. So könnte es manchmal sinnvoll sein, gemeinsam einen Detektiv mit Recherchen zu beauftragen.
Keinesfalls kann eine Interessenvereinigung einen guten Anwalt ersetzen. Weil die juristische Beurteilung von Anlagegeschäften sehr komplex ist, sollten Anwaltskanzleien bevorzugt werden, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben. Deren Erfahrung mit dubiosen Geldanlagen kann Möglichkeiten eröffnen, zumindest einen Teil der angelegten Gelder zurückzuerhalten.
Voraussetzung ist natürlich, dass vom angelegten Geld überhaupt noch etwas vorhanden ist. Wenn eine dubiose Anlagefirma zwar kurz vor dem Zusammenbruch steht, aber noch nicht ganz pleite ist, geht es oft nach dem Windhundprinzip: Wer einen schnellen und pfiffigen Anwalt hat, bekommt vielleicht noch seinen Schaden oder zumindest einen Teil davon vom Anlagebetrüger ersetzt. Denn der kann dann hoffen, dass er nach der Ruhigstellung „lautstarker“ Anleger noch eine Weile seinen dubiosen Geschäften nachgehen kann.
Wenn von unseriösen Anlagefirmen nichts mehr zu holen ist, richtet sich der Blick auf die Anlagevermittler. Diese müssen hinsichtlich der Person des Anlegers richtig beraten und über das Anlageprodukt umfassend und korrekt informieren. Ansonsten müssen auch die Anlagevermittler für entstandene Schäden geradestehen. PETER GRIEBLE
Der Autor ist Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Stuttgart
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