: Frauenförderung in Farbe
■ In den Räumen der Landesfrauenbeauftragten Ulrike Hauffe werden seit 1994 Werke von Künstlerinnen ausgestellt / Heute eröffnet die 27. Ausstellung – Anlass für ein Fazit
Bereits als Studentin investierte Ulrike Hauffe von ihren 350 Mark 50 monatlich in Kunst. Kurz nach ihrem Antritt als Bremer Frauenbeauftragte initiierte sie die Ausstellungsreihe „Kunst in der Knochenhauerstraße“. Jährlich stellen vier Künstlerinnen ihre Arbeiten in den schmalen Fluren der „Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau“ (ZGF) aus – wie so häufig, wenn Kunst keinen Platz in Galerien findet, ohne Honorar und in nur begrenzt kunstfreundlichen Räumlichkeiten. Im Gegensatz zu Arztpraxen stehen die Werke allerdings nicht in Konkurrenz zu Aquarien und Wolken/Wellen-Postern. Auch das Nebeneinander von Kunst und Mensch ist unproblematischer: Die Mitarbeiterinnen freuen sich und keinE WartendeR schlägt mit dem Kopf gegen Bilderrahmen oder stolpert auf dem Weg zum Behandlungszimmer. Anlässlich der heute eröffneten Ausstellung „ich sehe“ fragte die taz nach der Kunstverträglichkeit von Behörden.
taz: Welches Konzept steht hinter den Ausstellungen der ZGF?
Ulrike Hauffe: Das wichtigste für uns ist, dass wir den Frauen – den Künstlerinnen – die Möglichkeit geben, ihre Arbeit auszustellen. Aus dem simplen Grund, weil Frauen nach wie vor auch im Kunstbetrieb benachteiligt sind. Zum Beispiel kommen die meisten Kunstpreise nur denjenigen zugute, die jünger sind als 40 Jahre. Wenn Sie die Schaffenskraft der Frauen im Kunstbereich aber sehen, die beginnt eigentlich erst, wenn die Kinder ihnen die Gelegenheit dazu geben. Das heißt, sie haben meist gar nicht die Möglichkeit, sich so weit öffentlich präsentiert zu haben, dass sie überhaupt honorabel sind. Aus diesem Grund hat übrigens die Bundesregierung einen Künstlerinnenpreis eingerichtet, der alle zwei Jahre vergeben wird. Der ist mit 10.000 Mark gar nicht mal so schlecht dotiert und extra für Künstlerinnen über 40.
Wie sieht es in Bremen aus?
Es gibt beim Senator für Kultur einen relativ kleinen Topf, wo Künstlerinnenförderung betrieben wird. Wir haben noch die GEDOK (Arbeitsgemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfreunde Bremen e.V.), die bekommt einen marginalen Betrag von 3.000 Mark, damit die überhaupt so eine Art Förderung betreiben können. Das ist im Grunde ehrenamtlich mit einer kleinen Geldspritze. Außerdem gibt es in Bremen auch schon länger Stipendien für Künstlerinnen, aber wenn Sie das Gesamtvolumen an Geld betrachten, hat das überhaupt keine Bedeutung.
Noch einmal zurück zum Konzept. Gibt es inhaltliche Kriterien?
Erst einmal sind es natürlich Künstlerinnen. Wir haben – wie ich finde – bescheidene Räumlichkeiten und dürfen daher nicht den Anschein erwecken, wir seien eine Galerie. Aber wir machen ja Verkaufsausstellungen – also das ist nicht nur was zum Gucken, sondern auch zum Kaufen und übrigens relativ günstig, weil wir keinen Galeriebetrag draufschlagen, der in der Regel 40 Prozent beträgt. Eine inhaltliche Festlegung haben wir nicht, sondern nur bestimmte qualitative Kriterien. Entweder brauchen Frauen einen klaren Abschluss im künstlerischen Bereich oder sie müssen zwei große Ausstellungen gehabt haben. Im Zweifelsfall haben wir die GEDOK als qualifizierte Einrichtung, die für uns begutachten kann. Es geht uns bei diesen Kriterien darum, dass die Frauen ihr Handwerk gelernt haben. Eine weitere Beurteilung der Qualität steht uns als Behörde nicht zu. Auch wenn wir durch unsere persönliche Leidenschaft etwas von Kunst verstehen, haben wir keinen ausgewiesenen Kunstsachverstand.
Gibt es denn Bestrebungen, die Förderung von Frauen im Kunstbereich noch auszudehnen?
Ich würde sehr gerne mal einen Katalog herausbringen über die verschiedenen Ausstellungen, die wir hier hatten. Aber die meisten Wünsche scheitern an den finanziellen Mitteln. Diese Gleichstellungsstelle hat einen Auftrag und der ist eben auch Arbeitsmarktpolitik und Wissenschaftspolitik und so weiter. Die „Kunst in der Knochenhauerstraße“ ist ein Kleinod. Wir sind mit unserem Etat unglaublich begrenzt, aber ich möchte nicht sagen, mit den bescheidenen Mitteln mache ich lieber gar nichts. Ich möchte lieber das einsetzen, was ich habe, und für unseren klitzekleinen Etat ist das schon was.
Fragen: Eiken Bruhn
Christel Rasmussen: „ich sehe“. 19.07. bis 22.9. in der ZGF (Knochenhauerstr. 20-25). Mo bis Do: 9 - 16, Fr: 9 - 14. Vernissage: heute 18 Uhr.
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