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Alles Hiebe zum Geburtstag

Bei der Auflösung einer deutsch-türkischen Geburtstagsfeier in der Reichenberger Straße in Kreuzberg soll die Polizei den Gastgeber brutal misshandelt haben. Polizeisprecher behauptet, ein Beamter sei zuvor beworfen worden

von BERT SCHULZ

Schon wieder ist die Polizei in den Schlagzeilen, weil es bei der Auflösung einer privaten Fete zu massiven Handgreiflichkeiten kam. In der Nacht zum Samstag rückten etwa 20 Beamte gegen 1 Uhr morgens in der Reichenberger Straße 72 a an und beendeten eine Party mit 50 deutschen und ausländischen Besuchern. Nach eigenen Aussagen wurde dabei der Gastgeber Gökhan D., der seinen 18. Geburtstag feierte, von einem Polizisten grundlos verhaftet und mehrmals, unter anderem mit einer Taschenlampe, fast bis zur Besinnungslosigkeit geschlagen.

„Sein weißes T-Shirt war völlig rot vom Blut“, beschrieb gestern eine Besucherin der Fete die Gewaltaktion. Bei der über zweistündigen erkennungsdienstlichen Behandlung auf der Wache in der Friesenstraße wurde der 18-Jährige nach eigenen Angaben mit rassistischen Sprüchen wie „Kanake“ beschimpft. Ein Arzt diagnostizierte später in der Nacht laut Bericht mehrere Prellungen, Platzwunden am Kopf und blutige Schürfungen. Gökhan D. befindet sich weiterhin in ärztlicher Behandlung. Auch andere Besucher der Geburtstagsfete äußerten schwere Vorwürfe. Die Beamten hätten das Angebot eines Gastes ausgeschlagen, die Fete selbst zu beenden, damit es durch die Polizeipräsenz nicht zu Spannungen mit den teils alkoholisierten Besuchern komme. Die angebliche Begründung: „Wir lassen uns von Kanaken nichts sagen.“ Zudem hätten sie sich geweigert, ihre Dienstnummern zu nennen. Die Veranstalter der Party wollen wegen Hausfriedensbruch und Körperverletzung Anzeige erstatten.

Die Polizei kommentierte die Beschuldigungen gestern nicht, da es im Falle einer Anzeige eine Untersuchung geben werde. Es hieß lediglich, die Beamten seien in der Nacht zum Samstag bereits zum zweiten Mal wegen Lärmbeschwerden zu der Fete gefahren. Beim Betreten des Partyraums seien „lautstarke verbale Entgleisungen“ geäußert und sei einer der Beamten von dem 18-Jährigen „mit einem unbekannten Gegenstand beworfen“ worden. Gegen zwei weitere türkische Besucher der Party wurde Anzeige wegen „versuchter Gefangenenbefreiung“ erstattet.

Ihre massive Präsenz erklärte die Polizei damit, dass ihr eine Schlägerei unbekannten Ausmaßes gemeldet worden sei, die sich aber nicht bestätigt habe. In der Tat hatte es auf der Fete laut Besuchern eine Rangelei gegeben. Diese habe aber gewaltlos geschlichtet werden können.

In den vergangenen Monaten ist es bei Partybesuchen der Polizei auffallend häufig zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen (taz berichtete). Erst im Juni wurde ein 41-jähriger Berliner türkischer Herkunft während der Auflösung einer Fete von Polizisten krankenhausreif geschlagen.

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