Wanted: Steckbriefschreiber

Staatsschutz filzt bei Razzia in Hamburg und im Kreis Pinneberg sechs Wohnungen von Neonazis entlang der B 4  ■ Von Peter Müller

Der Itzehoer Staatschutz hat zum Schlag gegen Neonazis ausgeholt. Nach den neuesten Morddrohungen gegen den Elmshorner IG Metall-Chef Uwe Zabel filzten FahnderInnen gestern im Raum Pinnberg sechs Wohnungen von Neonazis entlang der Bundesstraße B4 vom Barmstedt bis Schnelsen. Die Rechten sollen in der vorigen Woche in Elmshorn Plakate angebracht haben, auf denen für Zabel ein „Kopfgeld“ ausgeschrieben war und im April Transparente gleichen Inhalts an der A 23 aufgehängt haben.

„Wir haben umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, dass muss noch ausgewertet werden“, sagt der Itzehoer-Polizeisprecher Dieter Mumm. Nach taz-Informationen wurden Computer, Listen sowie diverse Zeitungsartikel gefunden, die auf die Herstellung der Kopfgeld-Plakate schließen lassen. „Das geht ganz klar in diese Richtung“, bestätigt Staatsschutzfahnder Horst Klüver.

Über die Vernetzung der Gruppe im norddeutschen Neonazi-Netzwerk liegen der Polizei keine konkreten Erkentnisse vor. Klar ist, dass die sechs Neonazis am 23. Dezember vorigen Jahres in Elmshorn aufgegriffen worden waren. Damals waren an mehreren Orten Naziplakate aufgetaucht. Tenor: „Nationaler Widerstand – Kinderschänder an die Wand“ und „Juden raus“ unterlegt mit einem Hakenkreuz. Nach Angaben Klüvers bestehen von der Gruppe aus zudem Kontakte über „einzelne Beteiligte“, zur „Kameradschaft Pinneberg“ um den Neonazi und „Freien Nationalisten“ Klemens Otto, jedoch keine festen Strukturen.

Der Kopf der neuen Pinneberger Neonazi-Gang im Alter zwischen 15 und 24 Jahre gibt sich selbst als „NPD-Kreisvorsitzender Pinneberg“ aus, was vom Landesverband der „Nationaldemokratischen Partei“ (NPD) vehement bestritten wird. Beim Staatsschutz wird die „Gruppe um die B4“ auch als eine neue Gliederung der NPD-Jugendorganisation „Jungen Nationaldemokraten“ gewertet. Das steht in Einklang mit Erkenntnissen des Verfassungsschutz, dass der NPD-Nachwuchs sich in dieser Region vornehmlich aus Neonazis- und Skinheadkreisen rekrutiert. Und dieser macht nach taz-Informationen seit einigen Monaten dem Alt-NPD-Landeschef Ingo Stawitz wegen seiner vermeintlichen „Laschheit“ die Hölle heiß. Zudem sucht diese Neonazigruppe immer wieder den Kontakt zu den Freien Nationalisten um das „Aktionsbüro Norddeutschland“ in Hamburg. Dort wird die Gruppe offenkundig derzeit als unterstellte Ebene jedoch nicht für voll genommen, so dass wohl „Akzeptanz bei den Kadern“ als mögliches Motiv der Kopfgeld-Kampagne angenommen wird.