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Docking on heaven's door

■ Modul mit „Superhirn“ aus Bremen dockt an Weltraumstation ISS an / Im Bremer Raumfahrtunternehmen „Astrium“ verfolgen die Ingenieure gespannt das Unternehmen

Den Bremern gehört das Weltall. Dieses Gefühl beschleicht den Besucher des Raumfahrtunternehmens „Astrium“ in der Nacht zum Mittwoch. Live-Schaltungen in das Kontrollzentrum in Moskau, eine Fernsehsendung, die per Satellit und Internet weltweit übertragen wird, Musik, Verpflegung; irgendwie haben die Gastgeber sich, die Geste und das Geschehen voll im Griff.

„Docking on heaven's door“, so das Motto dieser Nacht in der ein Event gefeiert wird: das Andocken des russischen Moduls „Swesda“ an die zwei sich bereits im Orbit befindenden Elemente der internationalen Raumstation ISS. Der Countdown beginnt für die etwa 60 Anwesenden schon um 22 Uhr. Der Direktor für bemannte Raumfahrt der Europäischen Weltraumagentur ESA, Jörg Feustel-Büchl, kündigt an, dass die Vereinigung im All sekundengenau um 2:44:30 Uhr stattfinden wird. Genügend Zeit also, um die Medienvertreter über die Arbeit des ehemaligen Dasa-Unternehmens zu unterrichten. Und über den ganzen Stolz dieser Nacht. Mit an Bord der „Swesda“ befindet sich das erste europäische Element der Raumstation: das „Data-Management-System-Russia“ (DMS-R), ein in Bremen und Toulouse entwickeltes „fehlertolerantes Computersystem“. „Wenn Fehler in der Raumstation auftreten, kann das System diese Fehler analysieren und selber entscheiden, ob ein Computer aus dem System herausgenommen werden soll“, beschreibt Stefan Graul vom Astrium die Bedeutung des „Superhirns“. Auf der Raumstation wird DMS-R die Einhaltung der Erdumlaufbahn und die Energieversorgung sicherstellen.

Mehr als fünf Jahre haben die Forscher daran gearbeitet. Graul kann sich durchaus eine irdische Verwendung des Systems vorstellen. „Die Autoindustrie hat bereits ihr Interesse angemeldet.“ Überhaupt schielen die Astrium- und ESA-Manager in dieser repräsentativen Nacht gern Richtung Wirtschaft. So kann sich Josef Kind, Abteilungsleiter im „Astrium“, auch die Nutzung der Raumstation durch die Industrie vorstellen.

Doch das Mammutgebilde ist noch lange nicht fertig. Über sieben Forschungsmodule wird das Weltraumlabor am Ende verfügen. Neben Russen, Japanern und Amerikanern steuern auch die Europäer ein eigenes Modul bei. Das unter Bremer Federführung entstehende Forschungslabor Columbus, das erst im Herbst 2004 andocken soll. Mit der Frage nach den Kosten für den Steuerzahler geht man auch ganz offensiv um. Europa ist nur zu einem geringen Teil an der Raum-station beteiligt. Jeden Europäer kostet die Beteiligung vier bis fünf Mark im Jahr, meint Jörg Feustel-Büchl.

Die ersten Astronauten sollen schon in diesem Herbst auf der ISS wohnen und arbeiten können. Gerade „Swesda“ stellt mit ihren 13 Metern und knapp 20 Tonnen die nötige Infrastruktur. Es enthält mehrere Schlafnischen, Badezimmer und Kücheneinrichtung. Vor zwei Wochen war das Modul vom Weltraumbahnhof in Kasachstan in den Orbit geschossen worden. Kurz vor drei Uhr am Mittwochmorgen steht dann der große Moment an.

Die Live-Schaltung nach Moskau klappt wieder absolut reibungslos. Die ersten Live-Bilder aus dem All versetzen die Mitarbeiter in eine freudig erregte Stimmung. Aber je näher sich das Modul der Station nähert, desto schlechter wird auch die Videoübertragung. Kurz vor dem Andocken fällt die Bordkamera völlig aus. Dann aber Applaus aus Moskau. Applaus in Bremen. Die Mission ist gelungen.

Feuchte Finger habe er schon bekommen, meint später der MIR-erfahrene Astronaut Thomas Reiter. „Es ist alles perfekt gelaufen, aber an der Bildübertragung sollte man in Zukunft wirklich noch ein bisschen arbeiten.“ llg

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