: Thomas ließ sich nicht auf'n Zahn fühlen
■ Verhandlung um Zahnarzthonorar wurde trotz Abwesenheit des Angeklagten durchgekaut
Stell' dir vor, du gehst ins Gericht und der Angeklagte kommt gar nicht. So geschehen gestern im Bremer Amtsgericht. Thomas S. ließ sich für mehr als 16.000 Mark das Gebiss sanieren und blieb dem Zahnarzt einfach das Honorar schuldig. Sodass dieser die Zahnräder der Justiz bemühte, die langsam aber stetig mahlen. Gestern wollte der Richter Mertens dem Angeklagten Thomas S. auf den Zahn fühlen.
Doch das Übel ließ sich nicht an der Wurzel packen. Denn Thomas S. trat nicht in Erscheinung, nicht wegen Zahnschmerzen; nein, der bis dahin noch mutmaßlich faule Zahn hatte sich gestern Morgen im Gericht gemeldet und mitgeteilt, dass er in Baden-Württemberg einen Aushilfsjob angenommen habe und aufgrund dessen nicht erscheinen könne. Vielleicht klapperten ihm vor Angst auch nur die Zähne – das ist jedoch nicht so ganz sicher bekannt. Der extra als Zeuge erschienene geschädigte Zahndoktor machte dennoch seine Aussage vor Justizia.
Wie das Gericht anhand der Aktenlage feststellte, war der Beschuldigte zur Zeit der Behandlung im Mundraum nicht krankenversichert. Deswegen muss er nun selbst die Kosten der Gebiss-Sanierung tragen. Zwar habe der schräge Zahn einen Antrag auf Aufnahme in eine Krankenversicherung gestellt, jedoch ohne die Krankenversichrungsbeiträge zu zahlen. Der Richter entschied demnach kurz und knapp: keine Zahlung, kein Recht auf Leistung.
Ferner teilte der Richter (mündlich) mit, dass Thomas S. die Kos-ten der Zahnbehandlung zahlen muss, sowie 95 Tagessätze zu 15 Mark wegen Betruges abzuknappsen hat. Ob er die Summe zahlen kann, ist nicht sicher. Der Beklagte versicherte bereits an Eides statt, dass er zahlungsunfähig sei. Dem Urteil kann der Angeklagte jedoch nochmals auf den Zahn fühlen lassen : Er kann innerhalb von vier Wochen zähneknirschend Widerspruch einlegen. Dann können wir alles nochmal durchkauen ...
Christian Heiko Schuster
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