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Jugend aus der Puste

■ Das vor drei Jahren ausgebrannte Freizi in der Bremer Neustadt hat in Sachen Beteiligung wahre Pionierarbeit geleistet / Jetzt geht den Jugendlichen die Luft aus

Eine verkohlte Ruine, unbenutzbar – das war das Jugendfreizeitheim in der Thedinghauser Straße fast drei Jahre lang, seit es dort aus ungeklärten Gründen brannte. Aber die Jugendlichen und ihre Betreuer haben immer an eine Auferstehung „ihres“ Hauses geglaubt. Im März war es dann endlich so weit: Handwerker sind gekommen um das Haus wiederherzustellen – und nicht nur das: Auch eine Reihe von Verbesserungen wird es geben.

Dafür haben sich die Jugendlichen selbst stark gemacht: In einer langwierigen Planungsphase haben sie ihre eigenen Ideen für das Freizi der Zukunft entwickelt. Monatelang haben die Jungen im Keller der Ruine über die zukünftige Gestaltung gegrübelt; die Mädchen in ihrem Ausweichquartier, das sinnigerweise „Phoenix“ heißt. Hans-Günther Schwalm, im Amt für soziale Dienste für den Wiederaufbau zuständig, staunte nicht schlecht: „Gerade die größten Rabauken haben akribisch Modelle gebastelt – bis hin zum fast funktionstüchtigen Kicker aus einer Beck's Kiste.“

Gemeinsam mit dem Architekten haben sie schließlich aus dem stockdunklen Zentralraum einen freundlichen, offenen Cafébereich gezaubert. Auf vier verschiedenen Ebenen können sich hier bald kleine Grüppchen zum gemütlichen Plaudern zusammenfinden – unter einem schräg aufgestellten Dach, das reichlich Licht hereinlässt. „Mit so einem Raum kann man vielleicht auch mal die Anwohner ins Haus locken“, sagt die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Renate Möbius, die sich für den Wiederaufbau eingesetzt hat. „Es gibt sogar schon welche, die hier selbst Freizeitangebote machen wollen.“ Ein Teil der Nachbarn hatte den Wiederaufbau wegen der oft lautstarken Vergnügungen der Jugendlichen bislang eher kritisch beäugt. Vielen wäre der zwischenzeitlich geplante Ersatz durch ein Altenheim entgegengekommen.

Aber nun ist doch alles ganz anders gekommen und die Handwerker werden in einigen Wochen fertig sein. Da wird es höchste Zeit, dass die Nutzung der einzelnen Räume festgelegt wird. Auch darüber sollen die Jugendlichen soweit möglich selbst entscheiden. Aber beim ersten Treffen machten die Betreuer lange Gesichter: Gerade acht Jungen wollten mitentscheiden, was künftig in welchem Raum geschehen soll – angesichts von 70 TeilnehmerInnen an den Zukunftswerkstätten ein Fiasko. Von den Mädchen, die eigentlich immer engagiert für eigene Räume gestritten hatten, ist niemand gekommen. Da wurde viel gemutmaßt: Die Urlaubszeit, das gute Wetter oder spezielle Ferien-Angebote sollten schuld sein. Aber vielleicht ist den Jugendlichen nach fast drei Jahren in Provisorien einfach die Puste ausgegangen. Manche, die nach dem Brand zu den Aktivsten gehörten, sind dem Freizi inzwischen entwachsen. Und neue Kids sind mit einem stickigen Keller nicht anzulocken.

Irfan, einer der Unentwegten, ist aber sicher, dass die anderen wiederkommen, um praktisch mit anzupacken. Für das Streichen der Wände und Teile des Innenausbaus sind die Jugendlichen nämlich selbst verantwortlich. Sonst reicht das knappe Geld nicht, Sponsoren werden ohnehin noch gesucht. Ihren großen Traum, einen schallgedämmten Disko-Anbau, können die Nachwuchs-Planer vorerst ohnehin nicht verwirklichen. Wenn sie nicht noch 250.000 Mark auftreiben, müssen sie mit einem 30-Quadratmeter-Provisorium vorlieb nehmen – genau das, was der Architekt scherzhaft immer die „Disko-Hölle“ des „Freizi-Himmmels“ genannt hatte. Dabei ist die Disko der Punkt, über den sich wirklich alle einig gewesen wären, ohne Diskusssion. jank

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