piwik no script img

Die Schickeria ist jetzt Antifa

Mit der Kampagne „Gesicht zeigen“ soll der Antirassismus raus aus der neuen Mitte. Schade nur, dass „Big Brother“-Star Zlatko nicht mitmacht

von SEVERIN WEILAND

Es hätte ernst werden können. Eigentlich wollte Zlatko nur seinen Spaß haben. Doch dann griff die Politik nach ihm, schneller als geahnt. Rechtzeitig hat sich Zlatko, der Star der Fernsehserie „Big Brother“, noch einmal eine Atempause verschafft.

Nein, ließ er über seine Agentur dem Büro des Regierungssprechers Uwe-Karsten Heye vor wenigen Tagen mitteilen, für eine Kampagne gegen Rechtsextremismus stehe er nicht zur Verfügung. Dabei hatte es sich Heye wohl so ähnlich gedacht: Zlatko Trpkovski, was für ein Name für die Kampagne! Und dann noch ein 24-jähriger Schwabe makedonischer Abstammung! Das wäre die ideale Ergänzung in der Riege der Prominenten gewesen, die gestern in Düsseldorf vor die Presse ging.

Zlatko neben der Schauspielerin Veronica Ferres und dem Moderator Günther Jauch, vielleicht noch später zusammen mit Tennisstar Boris Becker und Sänger Marius Müller-Westernhagen – der gelernte Journalist wollte einen Coup landen.

Nun ist es nur noch halb so spannend geworden, denn die anderen sind zwar hinlänglich bekannt, aber treffen sie auch die Zielgruppe? Zlatko, das wäre die Idealwaffe gewesen, mit der man auch die Ballermann-Urlauber von Mallorca und die Eckpinten in der Republik mühelos erreicht hätte. Eben jene, die nichts gegen Ausländer haben, aber sich vielleicht doch überlegen, demnächst rechts zu wählen. Heye, der schlaue Marketingstratege, drückte es ein wenig diplomatischer aus, schon weil er das Publikum von RTL 2, das ja den Kanzler auch 2002 wählen könnte, nicht verprellen möchte. Schade sei Zlatkos Absage, „denn wir wollen auch in der Unterhaltungs- und Entertainerbranche etwas in Bewegung setzen. Dazu sind junge Leute wichtig, die eher als unpolitisch gelten, aber gleichzeitig einen hohen Identifikationswert haben.“

Vielleicht hätte Zlatko ja doch zugesagt, wäre das Ganze ein wenig unaufgeregter angegangen worden. Die für Zlatko zuständige Agentur Stoffels Media Consulting erfuhr auf jeden Fall erst aus der Presse von Heyes Idee. Nun könnte die Absage natürlich bei den Zlatko-Fans durchaus schlicht intrepretiert werden: Macht er nicht mit, hat er nichts gegen Rechtsradikale! Solche Unterstellungen der Medien hat der Sprecher der Agentur gestern immer wieder in zahlreichen Telefonaten zurückweisen müssen. Eilig versicherte er, dass der „Herr Zlatko Trpkovski natürlich eine ganz klare Einstellung zu Rechtsextremisten hat“. Nur wolle er die nicht im Rahmen einer Kampagne äußern, zumal der Star gerade mit seinem Film beschäftigt sei.

Die Idee, Prominenz einzuspannen, ist so alt wie die Kampagnen selbst. Der DFB warb mit Sportlern gegen Drogen, Rot-Grün brachte in einer Anzeigenserie kurz nach der Wahl Thomas Gottschalk, Marius Müller-Westernhagen und Boris Becker zusammen: drei Köpfe, die für die doppelte Staatsbürgerschaft warben. Das Engagement der Prominenz ist nicht zuletzt auch persönlichen Erfahrungen geschuldet: Westernhagen und Becker sind mit farbigen Frauen verheiratet. Dem Rassismus mögen sie in den Kreisen, in denen sie sich bewegen, weniger begegnen als andere. Dass er aber außerhalb lauert, wissen sie sehr wohl und haben es wiederholt in Interviews erklärt.

Die Kampagne, wie sie jetzt von Heye, Doris Schröder-Köpf und dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, gestartet wird, ist ehrenwert und gut gemeint. Nur hat sie einen grundlegenden Nachteil, was Heye bei seiner Idee, Zlatko zu gewinnen, wohl auch im Hinterkopf gehabt haben muss: Sie bewegt sich im Konzept der Neuen Mitte, mit dem Schröder die Wahlen gewann. Bei Veronica Ferres denkt man in erster Linie an ihre Rolle als blonder Engel in „Rossini“, einem Film, der im Schickimickimilieu spielt, und Günther Jauch ist schlichtweg die Vernunft in Person.

Aber vielleicht überlegt es sich Zlatko doch noch anders. Dann käme man aus der Mitte an die Ränder der Gesellschaft. Der Sprecher der für „Big Brother“ zuständigen Agentur wenigstens will sich nicht festlegen: „Für die Zukunft ist nicht ausgeschlossen, daß Herr Zlatko Trpkovski sich an solcher Art von Kampagnen auch beteiligt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen