: Bloße Torhüter gegen die NPD-Aufmärsche
Das breite Bündnis „Europa ohne Rassimus“ ist eine Reaktion auf die NPD-Demos am Brandenburger Tor. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr
Die im Januar gegründete Berliner Initiative „Europa ohne Rassismus“ erweist sich zunehmend als bloße Reaktion gegen NPD-Aufmärsche. SPD, PDS, Grüne, FDP, DAG, DGB, evangelische Landeskirche und Jüdische Gemeinde hatten das Bündnis ins Leben gerufen, nachdem die NPD im Januar nahezu ohne Gegenproteste durchs Brandenburger Tor marschieren konnte.
Ein weiterer Durchmarsch der Nationaldemokraten konnte unter anderem durch eine zeitgleiche Kundgebung des Bündnisses auf dem Pariser Platz verhindert werden. Auch die nächste Aktion der Torhüter wird sich gegen einen NPD-Aufmarsch richten – am 27. Januar 2001, dem Holocaust-Gedenktag. Weitergehendes kann das Bündnis bisher nicht vorweisen.
„Leider ist unsere Arbeit derzeitig eher reaktiv, da die Nazis so viele Aktionen machen“, muss Udo Wolf, Vizechef der Landes-PDS, zugeben. Der Initiatorenkreis trifft sich zur Zeit nur monatlich. „In Zukunft muss mehr kontinuierliche Arbeit stattfinden“, fordert auch Wolfgang Wieland, Fraktionschef der Grünen.
Dabei ist Rechtsextremismus nicht erst seit Gründung dieser Initiative Thema der Beteiligten. So organisieren die Gewerkschaften seit Jahren Bildungsangebote für Jugendliche und Mitglieder. Der Sprecher des DAG-Landeverbandes, Hartmut Friedrich, verweist zudem darauf, dass es schon seit 1991 das „Bündnis gegen Ausländerfeindlichkeit“ gebe. Diese von nahezu den gleichen Partnern getragene Initiative war nach rechtextremistischen Anschlägen gegründet worden. „Wir brauchen ein zentrales Bündnis und nicht zehn verschiedene“, kritisiert Friedrich das anlassbezogene Gründungsfieber, dem später leider nur wenig folgt.
Nicht einmal daran wollen sich die Christdemokraten beteiligen. Der CDU-Abgeordnete Andreas Gram schließt eine Mitarbeit, bei „Europa ohne Rassismus“ aus, weil sich dort nicht nur „demokratische Kräfte“ engagieren würden. Harald Wolf, Fraktionschef der PDS, bezeichnet dies als parteipolitisches Geplänkel. Die CDU habe die „Zeichen der Zeit nicht erkannt“.
Vielleicht bewegt sich die CDU noch. Anfang September, so verkündete gestern Bürgermeister Klaus Böger (SPD), sollen gesellschaftliche Gruppen der Stadt über Maßnahmen zum Kampf gegen Rechtsextremimus beraten. Eingeladen sind neben den Fraktionschefs der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien unter anderem der DGB, die IHK, der Landessportbund und die Präsidenten von Hertha BSC und 1. FC Union. Gesprächsleiter wird der Regierende Bürgemeister Eberhard Diepgen. Der ist bekanntlich in der CDU. GA/MS
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