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Treptower Bombenbastler verurteilt

Neonazi aus dem Umfeld der National-Revolutionären Zellen wegen eines geplanten Rohrbombenanschlags zu zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt. Angeklagter beteuert, nach der Begegnung mit Ausländern in der Haft nun aussteigen zu wollen

von PHILIPP GESSLER

Resignierter Gesichtsausdruck, sanfte Stimme, kurze braune Haare, stämmige Figur, dunkelgraues Sweatshirt: So kommt ein neonazistischer Bombenbastler daher. Nick G. aus Treptow wurde gestern vom Landgericht wegen Planung und Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags und Volksverhetzung zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt.

Fünf Kamerateams und ein halbes Dutzend Journalisten wollten sich das Ereignis nicht entgehen lassen, wie Justitia mit der derzeit wütenden rechtsextremen Kriminalität umgeht. Ein eingefleischter Neonazi aus dem Umfeld der „National-Revolutionären Zellen“, die bereits den bewaffneten Kampf angekündigt haben, stand vor Gericht – einer, der gestern angab, jüngst mit der Ideologie gebrochen zu haben, die ihn seit seiner Kindheit prägte.

Nick G. (22) wurde in einem kleinen Ort in Oberfranken geboren. Seitdem hat er nach eigenen Angaben Folgendes erlebt: Er wuchs vor allem bei seinen Großeltern auf. Der Opa, ein Sudentendeutscher, erzählte ihm früh, welche Gebiete „der Russe“ den Deutschen geklaut habe. Schon als Zehnjähriger bekam G. Kontakt zu rechten Skinheads, bei denen er Anerkennung erfuhr. So wuchs er in ihre Ideologie hinein. Mit seinem Vater, nach den Angaben von Nick G. ein „überzeugter Sozialdemokrat“, hat er deshalb nur Streit gehabt. Als dieser ihn mit 15 Jahren in ein Heim stecken wollte, ist er, so G., abgehauen und über Prag nach Dresden gekommen – weil es „die Hauptstadt der Neonazis“ war, so der Angeklagte. Die Schule brach er ohne Abschluss nach einer wiederholten siebten Klasse ab. Eine Ausbildung hat er nie gemacht. In Dresden fand Nick G. Anschluss an die rechte Szene.

Wegen Autodiebstahls, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Nötigung kam er mehrere Male in Haft – das letzte Urteil lautete auf vier Jahre Jugendstrafe. Im September des vergangenen Jahres wurde er vorzeitig auf Bewährung entlassen. In der Haft habe er eine Sozialtherapie machen wollen, um aus dem rechten Sumpf loszukommen, sagte der Angeklagte. Da er aber nur bei den Rechten akzeptiert worden sei, habe er auch im Gefängnis wieder ihre Nähe gesucht. Im Knast wurde er von der neonazistischen Hilfsorganisation für rechte Kameraden (HNG) betreut. Im Januar fing er an, eine Rohrbombe zu bauen – die Anleitung dazu fand er im Internet.

Nick G. bestritt vor Gericht, einen Auftrag zum Bombenbau erhalten zu haben. Er habe mit der Bombe nur prahlen wollen. Am Rande eines Treffens der NPD, der er früher angehörte, habe er eingewilligt, sie für ein Attentat auf einen „Linken“ zu gebrauchen. Dann habe er jedoch kalte Füße bekommen und die Ausführung trotz Drucks von anderen Rechtsextremen verzögert. Die Polizei fahndete aufgrund eines Hinweises im Keller seiner Treptower Wohnung nach dem Sprengkörper – nach einer 48-stündigen Vernehmung sagte G. der Polizei, wo die Rohrbombe zu finden sei. In seiner Wohnung fand das Landeskriminalamt viele neonazistische Bücher, ein mit Hakenkreuzen ausstaffiertes Schlafzimmer sowie im Keller etwa 1.000 Neonazi-Sticker mit Sprüchen wie „Die Juden sind unser Unglück“.

Nick G. beteuerte vor Gericht, er habe – nach der Bekanntschaft mit ausländischen Mithäftlingen in der Untersuchungshaft – mit seiner rechtsradikalen Vergangenheit gebrochen und wolle aussteigen.

Das Gericht schrieb ihm sein umfassendes Geständnis gut. Es folgte jedoch nicht seiner Verteidigung, die lediglich auf eine Bewährungsstrafe plädiert hatte. Nick G. und der Staatsanwalt nahmen das Urteil an. Damit ist es rechtskräftig.

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