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Eine „dritte Kraft“ für Italien

Der ehemalige Anti-Korruptions-Ermittler Di Pietro bricht endgültig mit der regierenden Mitte-links-Allianz. Er will bei den nächsten Wahlen mit einer eigenen Liste landesweit antreten. Das nutzt vor allem dem Rechtsbündnis von Berlusconi

aus Rom MICHAEL BRAUN

Italiens Regierungskoalition wird sich bei den nächsten Parlamentswahlen nicht nur gegen Silvio Berlusconis Rechtsbündnis behaupten müssen, sondern auch gegen eine neue „dritte Kraft“. Der frühere Anti-Korruptions-Ermittler und Senator Antonio Di Pietro gab jetzt in vielen Interviews seinen endgültigen Bruch mit der Mitte-links-Allianz um Ministerpräsident Giuliano Amato bekannt. Bei den spätestens im Frühjahr 2001 anstehenden Wahlen werde er mit einer „Liste Di Pietro – Italien der Werte“ landesweit antreten, so der Ex-Staatsanwalt, der in den Jahren 1992–1994 mit seinen Verfahren gegen Bettino Craxi und andere bestechliche Politiker große Popularität erlangte.

Di Pietro hatte 1996 als Minister für öffentliche Arbeiten im Kabinett Prodi den Eintritt in die Politik vollzogen; im November 1997 wurde er dank der Unterstützung der Demokratischen Linken in den Senat gewählt, und vor gut einem Jahr beteiligte er sich mit seinen Anhängern an der Gründung der Prodi-Partei I Democratici. Seine Mitarbeit bei den Democratici hatte er allerdings im Mai eingestellt, als der frühere Craxi-Mitarbeiter Amato zum neuen Ministerpräsidenten der Mitte-links-Koalition berufen wurde. Dennoch bestanden in den Reihen der Regierungsallianz Hoffnungen, Di Pietro im Namen der Gegnerschaft gegen Berlusconi erneut als Bündnispartner zu gewinnen.

Diese Hoffnungen haben sich nun zerschlagen. Mit Ausfällen gegen das „Mitte-links-Bündnis der Eunuchen und Geschäftemacher“ schloss Di Pietro jeden weiteren Dialog aus. Die Koalition habe nichts gegen die Korruption und gegen die Delegitimierung der Justiz unternommen und stattdessen Politiker der Ersten Republik wie Amato und den Finanzminister Ottaviano Del Turco – ebenfalls ein Craxi-Sozialist – erneut ins Spiel gebracht. Seine „Bürgerliste“ sei deshalb die „einzige wirkliche Alternative zu Berlusconi“. Über das Profil der neuen Kraft war bisher nur zu erfahren, dass sie aus „fähigen, moralisch unangreifbaren Persönlichkeiten“ bestehen und für die Legalität kämpfen werde.

Die Koalition muss nun befürchten, im Duell mit der Rechten weitere, womöglich entscheidende Stimmen einzubüßen, auch wenn der „Liste Di Pietro“ kaum mehr als drei Prozent zugetraut werden. Venedigs Ex-Bürgermeister Massimo Cacciari warf Di Pietro vor, er mache sich zu einem „hervorragenden Alliierten Berlusconis“.

Von diesem Vorwurf zeigt sich Di Pietro vorerst unbeeindruckt. Die Regierungsallianz habe sowieso schon verloren: „Wenn die Vertreter des Mitte-links-Bündnisses einen Berlusconi-Sieg verhindern wollen, dann brauchen sie nur für meine Liste zu stimmen.“ Dass dieses Ansinnen Wirklichkeit werden könnte, glaubt allerdings auch Di Pietro nicht. Bei einer Niederlage, so tröstet er die Mitte-links-Wählerschaft, verfüge sie dann aber wenigstens über eine ernst zu nehmende Opposition.

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