Auf Du und Du mit der Justiz
: Eine brutale Affäre

■ Anklage wegen versuchten Totschlags wird am Landgericht verhandelt

„Jetzt reicht's!“, brüllte der Staatsanwalt den Angeklagten an. Wenn er sich wirklich für seine Tat entschuldigen wolle, dann möge er nach seinem „Ich schäme mich“ doch bitte einen Punkt machen. Und nicht versuchen, sich doch noch aus der Affäre zu ziehen. Auch Richter und Verteidiger wiesen den Angeklagten Hanns-Gerd E. zurecht, als er nach der Befragung seiner ehemaligen Lebensgefährtin das Wort ergriff, sich brav entschuldigte, um prompt den nächsten Rechtfertigungsversuch zu starten. Kein Wunder – schließlich hat der Mann selbst Jura studiert.

Die Anklage: Im November 1999 soll der 47-jährige E. seine damalige Freundin Gudrun K. mehrmals durch Schläge und Tritte misshandelt haben. Am Neujahrstag 2000 setzte es erneut Prügel; außerdem soll der Angeklagte sein Opfer mehrere Sekunden gewürgt haben. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein klarer Fall von versuchtem Totschlag. Um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, wurden ges-tern vor dem Bremer Landgericht der Angeklagte und – als Zeugin – Gudrun K. zum Tathergang befragt. Die Mutter des Angeklagten, die der malträtierten Frau zur Hilfe gekommen war, machte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, um ihren Sohn zu schützen.

Kennen gelernt hatten sich Hanns-Gerd E. und Gudrun K. im spanischen Marbella 1998. „Damals waren wir beide dem Alkohol nicht abgeneigt“, erklärt der Angeklagte. Man mochte sich, und so wurde bald eine gemeinsame Wohnung bezogen. Doch die Idylle war nur von kurzer Dauer: Schon nach wenigen Wochen habe er sie geschlagen und als Hure beschimpft, so die 59-jährige Frau über ihren eifersüchtigen Ex. Der Angeklagte hingegen gab an, dass es nach gemeinsamen Trinkgelagen zwar mehrmals zu Streitereien gekommen sei, sie aber beide aufeinander eingeschlagen hätten. Gudrun K. erwiderte, sie habe sich erst nach Monaten getraut, zurückzuschlagen, „aus Verzweiflung“.

Trotzdem kamen die beiden nicht voneinander los. Ihr ehemaliger Freund habe wiederholt versprochen, „dass er sich besser würde“, so Gudrun K. Außerdem habe er eine ambulante Therapie beginnen wollen, um vom Alkohol loszukommen.

Im Sommer 1999 zog das Paar nach Bad Zwischenahn. In einem Restaurant kam es wieder zum Streit. „Er hat herumgeschrien“, beschreibt Gudrun K. Daraufhin flüchtete sie zu einer Bekannten nach Hause. Am nächsten Morgen wieder daheim, kam es nach Aussage von Gudrun K. zu der brutalen Attacke: Der Angeklagte habe sie durch die Wohnung geschleift, mehrmals geschlagen und mit dem Pulli gewürgt.

Nach dem Vorfall in Bad Zwischenahn wollte Gudrun K. den 47-Jährigen verlassen, was ihr aber nicht gelang. In der Silves-ternacht 2000 kam es erneut zum Streit. Wieder spielte der Alkohol eine Rolle. Nach einer Silvesterparty hatte sie ihren Freund volltrunken an einer Hotelbar getroffen: Sie geht aufs Hotelzimmer und packt ihre Sachen. Er folgt ihr, beschimpft sie, schlägt und würgt sie erneut. Die hinzugekommene Mutter des Angeklagten griff ein und zog Hanns-Gerd zurück.

An den nächsten beiden Verhandlungstagen werden noch ein Polizist und ein Hotelangestellter befragt. Das Urteil wird am 28. August erwartet. chs