piwik no script img

Künast sträubt sich nicht mehr gegen NPD-Verbot

Grüne wollen Projekte gegen rechte Gewalt mit einer Stiftung unterstützen. Versteigerung der UMTS-Lizenzen könnte neue Mittel freisetzen

BERLIN taz ■ Grünen-Chefin Renate Künast will in der Diskussion um ein mögliches NPD-Verbot offenbar einen Streit innerhalb der rot-grünen Koalition vermeiden. „Wenn die Beweise ausreichen, sollte ein Antrag auf Verbot gestellt werden“, erklärte Künast gestern in Berlin und stellte sich damit erstmals eindeutig hinter die Linie der Bundesregierung.

Dass ihr die derzeitige Diskussion nicht behagt, verheimlichte Künast allerdings nicht. Die Debatte um die Bekämpfung des Rechtsradikalismus werde viel zu sehr auf das NPD-Verbot „fokussiert“. Das Problem sei nicht zu bewältigen, „indem man es verbietet“. Notwendig seien vielmehr Projekte „mit Tiefgang und Ausdauer“. Gemeinsam mit Cem Özdemir, dem innenpolitischen Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, stellte Künast ein „Maßnahmenpaket“ vor.

Die Grünen regen unter anderem die Gründung einer Stiftung an, mit der Initiativen gegen rechte Gewalt und zur Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft unterstützt werden sollen. Wann diese Stiftung eingerichtet werden soll und welche genauen Aufgaben sie hat, erläuterten Künast und Özdemir nicht. Sie sprachen sich in diesem Zusammenhang jedoch dafür aus, einen Teil der Zinseinsparungen im Bundeshaushalt, die durch die Versteigerung der UMTS-Lizenzen erwartet werden, für Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus einzusetzen. „Die Zinsen wären hier sehr gut angelegtes Geld“, erklärte Özdemir.

Die PDS hatte am Dienstag einen Vorschlag des Zentrums für Türkeistudien in Essen aufgegriffen und gefordert, ein Prozent der Einnahmen aus der UMTS-Versteigerung zu verwenden – nach dem Stand von Dienstag rund 900 Millionen Mark. Künast und Özdemir nannten keine konkreten Zahlen und erklärten lediglich, die „zu erwartenden Zinseinsparungen“ verschafften der Bundesregierung hier „einen Spielraum“.

Einen Seitenhieb auf die PDS konnte sich Künast nicht verkneifen. Es habe sie gewundert, erklärte die Grünen-Chefin, wie spät sich die PDS beim Thema Rechtsradikalismus zu Wort gemeldet habe. Die PDS habe aber wegen ihrer starken Verankerung in den neuen Ländern „an dieser Stelle nun wirklich mal eine besondere Bedeutung“ und müsse deshalb „eingebunden“ werden.

Während sich Grüne und PDS weiter um die Vorreiterrolle im Kampf gegen rechts streiten, haben Rechtsextremisten in Mecklenburg-Vorpommern ihre Aktionen zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß ausgeweitet. In Rostock und Stralsund wurden gestern sechs Männer und eine Frau im Alter von 19 bis 23 Jahren vorläufig festgenommen. Ihnen wurde vorgeworfen, Plakate mit rechtsextremem Inhalt angebracht zu haben. In Greifswald wurde unterdessen bekannt, dass ein Schützenverein namens „1990 Greif“ für ein Fest am vergangenen Wochenende zehn Mitglieder der NPD als Ordnungsdienst engagierte. In Eisenach hat die Staatsanwaltschaft rund zwei Wochen nach dem Angriff auf zwei Afrikaner Anklage gegen vier junge Männer aus der rechten Szene erhoben. LUKAS WALLRAFF

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen