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Plakat-Kampagne hat Folgen für Wirt

■ Nach der Vergewaltigung einer Kundin wird der Viertel-Imbiss „Toros“ gemieden / Wirt: „Ich habe damit nichts zu tun“

Der Wirt des Imbiss „Taverna Toros“ am Sielwall sieht sich als Opfer einer unfairen Kampagne. Die hat aus seiner Sicht vor rund zwei Wochen angefangen – nach einem taz-Bericht über eine brutale Vergewaltigung im Keller seines Hauses, wo mehrere Männer, darunter mindestens ein Beschäftigter seines Imbiss', eine junge Kundin vergewaltigt haben; zwei mutmaßliche Täter sitzen seit rund einem Monat in Untersuchungshaft.

Kurz darauf waren Plakate im Viertel aufgetaucht, die den Imbiss „Taverna Toros“ abbilden. Der Text darunter: „Es ist möglich, dass andere Frauen Ähnliches erlebt haben. Vergewaltigungen sind keine Ausnahmefälle! Weitererzählen!“. Außerdem drei Telefonnummern: Vom Notruf für vergewaltigte Frauen, der Polizei und der Opferhilfsorganisation Weißer Ring.

Während die Polizei sich per Pressemitteilung von der Plakataktion distanzierte und dort auch keine weiteren Übergriffe im Zusammenhang mit dem Imbiss bekannt sind, zogen ViertelbewohnerInnen andere Konsequenzen. „Manche bleiben einfach weg. Unbekannte spucken in den Laden und beschimpfen mich oder meine Mitarbeiter“, stöhnt der Wirt. „Aber die wenigsten kommen, um mal mit mir zu reden.“ Dabei bedauere er alles. Noch am Tag des Geschehens habe er seinen Urlaub abgebrochen. „Ich konnte doch nicht wissen, was dieser Mann für einer ist“, sagt der Wirt über seine „ehemalige Aushilfskraft“, wie er betont. „Er hat doch Frau und zwei Kinder.“

So sieht es auch der Chef der italienischen Eisdiele um die Ecke. „Man kann nicht alles von seinen Angestellten wissen“, sagt er. Nach einer ersten Pause geht er jetzt wieder zu „Toros“ Pizza essen. Andere ViertelbewohnerInnen dagegen sagen: „Wenn man Gefahr läuft, vergewaltigt zu werden, will ich da nicht essen.“ Ganze Freundeskreise haben sich so neuerdings zur Toros-Abstinenz verpflichtet. Der Imbiss-Wirt, dessen kleine Tochter heute öfter mit ihm im Imbiss ist, hofft, dass diese Haltung sich wieder ändert. „Bis Dezember habe ich noch Zeit“, kalkuliert er. Doch neugierige Blicke nimmt er seit kurzem sehr empfindlich wahr. Vergangene Woche hat er gegen die unbekannten VerfasserInnen des Plakats Strafanzeige wegen übler Nachrede gestellt. „Die ist hier noch gar nicht registriert“, heißt es jedoch bei der Bremer Staatsanwaltschaft.

Die Ermittlungen in dem Vergewaltigungsfall sind unterdessen schon weiter fortgeschritten. Zwar bestreitet einer der festgenommenen Verdächtigen, jemals mit dem Opfer Kontakt gehabt zu haben. Die DNA-Analyse widerspricht dem aber. Auch gebe es an der Glaubwürdigkeit des Opfers keinerlei Zweifel, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Noch nicht abgeschlossen sind die Untersuchungen über die Beteiligung eines zweiten Tatverdächtigen sowie möglicher weiterer Angreifer. Den Ermittlungen zufolge haben mehrere Männer die junge Frau aus dem Imbiss in den angrenzenden Keller des Hauses gezerrt und sie da vergewaltigt, nachdem sie den Imbiss nach einer Feier früh morgens betreten hatte, um Essen zu kaufen.

ede

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