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Bremen ist keine Nazi-freie Zone

■ Bremer Neonazis leiten die Organisierung im Umland an, wo auch am meisten passiert / In Bremen selbst ist vor allem die „Anti-Antifa“ aktiv mit Angriffen auf linke Einrichtungen

Schwanewede, vor einer Woche: Vierzig Neonazis, viele von ihnen Skinheads, besetzen nachts um halb zwölf die einzige Kreuzung des Orts. Sie tragen Plakate des Hitler-Nachfolgers Rudolf Hess. Zeugen hören „Sieg Heil“-Rufe, aber niemand geht dicht genug heran, um Gesichter zu erkennen. Als die Polizei eintrifft, ist der Spuk vorbei. Die Neonazis haben sich in Luft aufgelöst.

Beim Verdener Staatsschutz – auch den gibt es – ist man sicher, dass nur wenige aus dem Ort kamen. Auch der Bremer Verfas-sungsschutz geht von einer Mobilisierung in Bremen und umzu aus. „In Bremen können rechte Gruppen nicht so offen Flagge zeigen“, sagt der stellvertretende Amts-Chef Lothar Jachmann, „da lassen die antifaschistischen Kräfte sie nicht so gewähren.“

Neonazi-Strukturen sind in Bremen allerdings vorhanden. Dabei hat man aus vergangenen Parteiverboten gelernt: Heute organisieren sich die Rechtsextremen in kleinsten, schwer kontrollierbaren Gruppen, den sogenannten „Kameradschaften“. Sie stehen in lockerer Verbindung miteinander und mit der NPD: Die Kameradschaft Wildeshausen beispielsweise klebt NPD-Plakate mit eigenem Stempel. Über den Faxverteiler der Bremer NPD kommen schon mal Erklärungen der militanten Skinhead-Kameradschaft „Blood & Honour Weser-Ems“ (die taz berichtete).

Innerhalb Bremens können sie sich allerdings nicht gegen die „Hammerskins“ durchsetzen, die vor allem Konzerte rassistischer Bands organisieren. Im Januar lockten sie sogar Skinheads aus England und Belgien ins Alabama in der Neustadt.

Politisch gibt am rechten Rand dagegen die „Kameradschaft Bremen“ den Ton an. Der Verfassungsschutz sieht hier „starke Fluktuation“. Kein Wunder: In den letzten Jahren wurden von hier aus weitere Kameradschaften im Umland aufgebaut. Neue Mitglieder von außerhalb kommen eine Zeit lang zu den Treffen der Bremer Kameradschaft und machen sich dann selbständig. Eigene Kameradschaften gibt es mittlerweile in Bremen-Nord, Bremerhaven, Bremervörde, Weyhe, Stuhr und Verden. Ihre politischen Aktivitäten werden meist vom Hamburger „Nationalen Aktionsbüro Norddeutschland“ koordiniert, häufig auch unter dem Namen „Freie Nationalisten“.

So zum Beispiel in Weyhe, wo knapp 100 Neonazis im Januar gegen antifaschistische Informations-Veranstaltungen an der Gesamtschule demonstrierten. Zu der Kundgebung unter dem Motto „Terrorismus auf dem Stundenplan“ waren die bekannten Hamburger Nazikader Christian Worch und Thomas Wulff vom Aktionsbüro ebenso angereist wie die Bremer Kameradschaft.

Nach der Demonstration klirrten die Scheiben in Bremens linkem Infoladen, das Büro der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) wurde mit einer Nazi-Rune beschmiert. Eine Woche später flog ein Gullydeckel durch die Sicherheits-Scheibe des VVN-Büros, kurz nach Hitlers Geburtstag im April noch einmal. Auch der Infoladen wurde im Mai erneut angegriffen: Zwillenschüsse zerstörten die Scheibe dort und im Fraueninfoladen. Ein Wohnprojekt in der Neustadt hat inzwischen Fensterläden aus Lochblech, weil eine Scheibe zu Bruch ging. In eine linke Kneipe im Viertel wurde stinkende Buttersäure gekippt.

Mehrfach wurden in den vergangenen Monaten Autos stark beschädigt, die bei linken Demonstrationen als Lautsprecherwagen gedient hatten – unter anderem ein Fahrzeug, das der Uni-AStA vermietet. Betroffene führen das darauf zurück, dass mittlerweile jede linke Demonstration in Bremen von Neonazis beobachtet und fotografiert wird. Diese „Anti-Antifa“-Arbeit ist gegenwärtig der Schwerpunkt der Bremer Rechtsextremen.

Vor vier Wochen jedoch beklagte auch eine Bremer Moschee eingeschlagene Scheiben. Nicht unbedingt ein Angriff von rechts – aber vor einem Jahr war das Gebäude schon mal mit NPD-Slogans beklebt worden. Und ganz in der Nähe fand die Polizei zwei Wochen später Plakate zum Todestag von Rudolf Hess. Die Gemeinde will anonym bleiben – um den Tätern kein Forum zu bieten, heißt es, aber ein wenig Angst klingt mit. jank

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