: Öger hat die richtigen Freunde
Vural Öger ist ein Einwanderer, wie Otto Schily ihn sich wünscht: integriert, geschäftlich erfolgreich und eher konservativ in Migrationsfragen. Jetzt hat der Innenminister ihn in die Einwanderungskommission berufen – als einzigen Deutschtürken
von COSMA SCHMITT
Er ist der Inbegriff des deutschtürkischen Selfmade-Mannes. Seine „Öger Tours“ machten ihn zum erfolgreichsten Reiseunternehmer türkischer Herkunft. Er gründete eine Stiftung, als die türkisch-deutschen Beziehungen in Schweigen erstarrt waren. Kümmert sich um Kinder, die durch die Erdbeben in der Türkei zu Waisen wurden. Nun hat Vural Öger eine weitere Aufgabe, in die er die Erfahrung von 40 Jahren Migrantenleben in Deutschland einfließen lassen will: Otto Schily hat ihn in die Zuwanderungskommission berufen – auf den letzten der 21 Sitze. Nach Ögers Ansicht sollte die Kommission sich um „eine Regelung nach dem kanadischen Vorbild“ bemühen: „Wir sollten bestimmte Quoten für bestimmte Bevölkerungsgruppen einführen. Denn wir brauchen eine kontrollierte Zuwanderung, um den Bedarf zu decken.“ Ausdrücklich warnt Öger: „Die Probleme der Dritten Welt können nicht hier gelöst werden und damit zur Last für den Staat werden.“
Mit der früheren Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) als Vorsitzender soll die Kommission Vorschläge für eine geregelte Einwanderung erarbeiten. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte ein Einwanderungsgesetz in dieser Legislaturperiode lange Zeit kategorisch ausgeschlossen, dann aber überraschend eingelenkt. Unklar ist allerdings noch, ob Minister Schily die Vorschläge des überparteilich besetzten Gremiums tatsächlich umsetzen möchte. Für Irritationen sorgte Schilys Personalauswahl. Türkische Medien und Organisationen protestierten, die Mitglieder der Kommission seien ausnahmslos deutschstämmig. Mit Öger berief der Minister nun einen Repräsentanten der 2,6 Millionen Menschen türkischer Herkunft, die in Deutschland leben. Öger kam 1960 als Achtzehnjähriger nach Deutschland, studierte in Berlin Ingenieurwissenschaften und gründete dann das Reiseunternehmen „Öger Tours“.
Dass der Innenminister sich für Öger entschied, hat nach Einschätzung von Insidern zwei Gründe: Zum einen repräsentiert Öger perfekt den Typus des wohl integrierten Wirtschaftsprofis ausländischer Herkunft, den Schily in Zukunft verstärkt ins Land holen will. Zugleich ist er bekannt bei den Wichtigen des Landes, seit er 1998 seine „Deutsch-türkische Stiftung“ initiierte. In ihrer Gründungsriege versammelt sie so bekannte Namen wie den Zeit-Herausgeber Theo Sommer.
Öger freut sich sehr, nun auch bei der Kommission dabei zu sein. Einen „großen Schritt in die richtige Richtung“ nennt er die Gremiumsarbeit. Denn „dass nur diskutiert wird, halte ich für zu wenig, man muss ein konkretes Programm entwerfen“. Öger selbst will Ideen einfließen lassen, die eher dem konservativen Spektrum entsprechen: „Wenn zum Beispiel ein Afrikaner nach Deutschland nur kommt, um zu studieren, soll er anschließend zurückgehen – wir können doch nicht den armen Ländern ihre brillantesten Köpfe abwerben.“ Im Übrigen dürfe man nicht zulassen, dass „das so wichtige Thema Zuwanderung von Parteien für den Wahlkampf instrumentalisiert wird“.
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