piwik no script img

Im Jahr „3800 n. St.“

■ Völkisch-heidnische Gruppe feiert morgen „Thing“ in der Heide

„Ohne Juda, ohne Rom, bauen wir Germaniens Dom“ skandierten völkisch-heidnisch Bewegte schon im 18. Jahrhundert bei ihren Wanderungen. In ihrem Erbe sieht sich die „Artgemeinschaft Germanische Glaubensgemeinschaft“. Für morgen lädt ihre „Gefährtschaft Nordmark“ wieder zu einer Heidewanderung ein.

Um zehn Uhr startet die Wanderung von Niederhaverbeck bei Bispingen nach Wilsede. Zwischendurch, kündigt Anführer Jürgen Rieger an, wird ein „Thing“ durchgeführt und der neue „Gode“ (Führer) gewählt werden. Der Hamburger Neonazi-Anwalt Rieger hat seit 1980 die Leitung der auf regionale Gefährtschaften aufgebauten Organisation.

Die „Artgemeinschaft Germanische Glaubensgemeinschaft“ ist mit bundesweit 1000 Anhängern die größte völkisch-heidnische Bewegung in Deutschland. 1951 gründete Wilhelm Kusserow den eingetragenen Verein als Nachfolge der von ihm 1940 geleiteten „Nordischen Glaubensgemeinschaft“. Als vorrangige Aufgabe hat sich die Artgemeinschaft der „Bewahrung und Erneuerung der Weißen Menschenart“ verschrieben. In ihrem „Artgelöbnis“ bekennen sie sich zur „Wehrhaftigkeit gegen die Feinde des germanischen Glaubens“ und zur Wahl „gleichgearteter Gatten“ als „Gewähr für gleichgeartete Kinder“. Getreu ihrem antichristlichen Glauben lebt die „Lebens- und Tatgemeinschaft“ auch nicht im Jahre 2000, sondern im Jahr 3800 „n. St.“ – nach Stonehenge, denn sie wollen nicht die „Zählung der Jahre nach einem uns aufgezwungenen Juden namens Christus hinnehmen“.

Die Glaubensgemeischaft beteuert, dass sie sich von der Politik fern halte. Doch sie unterstützte nicht nur das 1998 polizeilich geschlossene Neonazi-Zentrum „Hetendorf Nr. 13“, sie arbeitet auch mit anderen neonazistischen Vereinen zusammen. Einzelne Mitglieder waren in mittlerweile verbotenen Neonazi-Parteien, wie der „Freiheitlichen deutschen Arbeiter Partei“ aktiv, weitere „Glaubensgefährten“ sind bei der NPD engagiert.

Da religiöse Vereinigungen unter dem Schutz des Grundgesetzes stehen, dienen sie den Neonazis seit 1945 immer auch als staatlich unangreifbare Stukturen, in denen Geld und Besitz sicher untergebracht werden können. Andreas Speit

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen