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Kartellamt beendet Preiskrieg

Die Supermarktketten Wal-Mart, Aldi Nord und Lidl dürfen Grundnahrungsmittel wie Milch, Butter und Brot nicht mehr unter dem Einkaufspreis verkaufen. Kleine Händler würden damit vom Markt gedrängt – das sei auf Dauer schlecht für die Kunden

von THORSTEN DENKLER

Der ruinöse Preiskampf im deutschen Einzelhandel scheint beendet. Gestern untersagte das Bundeskartellamt den Supermarktketten Wal-Mart, Lidl und Aldi, Grundnahrungsmittel wie Brot, Milch und Butter unter dem Einkaufspreis anzubieten. Erstmals griff die Behörde damit in den seit einem Jahr wütenden Preiskrieg ein.

Angezettelt hatte ihn der amerikanische Umsatzriese Wal-Mart. Mit großem Tamtam war der weltgrößte Einzelhändler Mitte letzten Jahres in den deutschen Markt eingebrochen. Der Billigste wollte er sein, der Kundenfreundlichste und den besten Service anbieten. 21 Wertkauf- und 74 Interspar-Filialen hat sich Wal-Mart seit dem zusammengekauft. Dass er mit diesen Läden nur Verlust macht – Branchenkenner vermuten für 1999 ein Minus von 200 Millionen Dollar –, ist Teil der Strategie: erst den Markt kaputtmachen, dann als Monopolist die Preise diktieren. Der Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE) schätzt, dass 5.000 Einzelhändler in Gefahr sind. Wal-Mart kann sich diesen Krieg leisten. Im letzten Jahr hat die Kette weltweit einen Umsatz von umgerechnet 330 Milliarden Mark gemacht. Das ist so viel, wie die sieben größten deutschen Lebensmittelhändler zusammen umsetzen. Der Reingewinn liegt bei neun Milliarden Mark. Genug, um mehr als nur einen Fuß in den deutschen Markt zu bekommen.

Der Auftritt von Wal-Mart hatte in den vergangenen zwölf Monaten zu einer Preisschlacht ohnegleichen geführt. Es gab nur noch eine Grenze: den Einkaufspreis. Aber auch die überschritt Wal-Mart. Eine gezielte Provokation seien die Preissenkungen bei Grundnahrungsmitteln vom Juni gewesen, vermuten Marktbeobachter. Ein Angriff auf das, was Aldi und Lidl heilig ist: ihr Image, die Billigsten unter den Billigen zu sein.

Lidl und Aldi spielten das Spiel mit, haben sich dabei aber höchst ungeschickt angestellt. Wettbewerbsrechtlich ist eine Preissenkung unter den Einkaufspreis nur dann zulässig, wenn es eine sachliche Rechtfertigung für das Presidumping gibt, etwa wenn ein Anbieter auf die Preissenkung eines Mitbewerbers in einer Stadt reagieren muss, um an diesem Standort konkurrenzfähig zu bleiben. Aldi Nord aber senkte die Preise nicht nur in jenen Städten, in denen Supercenter von Wal-Mart stehen, sondern gleich in ganz Norddeutschland. Lidl wiederum senkte die Preise als Reaktion auf Aldi, weitete die Preissenkungen aber auf alle Filialen aus. In Süddeutschland aber ist nicht Aldi Nord, sondern Aldi Süd ihr Konkurrent.

Der Präsident des Bundeskartellamts in Bonn, Ulf Böge, warf den drei kampfeslustigen Unternehmen gestern vor, mit diesem Verhalten letzlich den Verbrauchern zu schaden. Durch das Preisdumping werde die mittelständische Konkurrenz über kurz oder lang vom Markt gefegt. Die Folge könnten drastische Preiserhöhungen sein. Dauerhafte Unterschreitungen des Einkausfpreises werde das Kartellamt nicht mehr hinnehmen, sagte Böge.

Hubertus Pellengahr, vom Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE) begrüßte die Entscheidung: „Das bringt wieder Ordnung in den deutschen Einzelhandel.“ Wal-Mart seien Grenzen aufgezeigt worden. „Sie wissen jetzt, dass sie sich an die hiesigen Spielregeln halten müssen.“

Die Unternehmen bekommen jetzt noch einen Monat Zeit, um Einspruch gegen die Entscheidung einzulegen. Das Kartellamt geht davon aus, das sich die Unternehmen beugen werden. Sie erwarte ansonsten eine Strafe in Millionenhöhe.

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