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Mythos mit kleinen Fehlern

Zum 50. ließen sich die ARD-Intendanten auch in Berlin feiern. Und Wolfgang Thierse hielt eine richtig gute Rede

Auch wenn sie in Bremen aus der Taufe gehoben wurde, ihr ständiges Büro in Frankfurt hat, die Programmdirektion für das „Erste“ Gemeinschaftsprogramm in München sitzt und ihr Flagschiff „Tagesschau“ in Hamburg gemacht wird: Zur offiziellsten aller vielen Feiern zum 50. ARD-Geburtstag zog’s den größten öffentlich-rechtlichen Medienkonzern der Welt nach Berlin.

Hier wiederum liegen Wonne und Ärgerniss dicht beieinander: So schön das Hauptstudio noch neu und optimistisch glänzt, so ramponiert ist das Image des Sender Freies Berlin (SFB), der als kleine Anstalt seit dem Wegfall von Frontstadtrolle und ARD-internem Finanzausgleich darbt. Denn der SFB hat die zehn Jahren seit der Wende zu allem Überfluss in erster Linie genutzt, um sich weiter ins Abseits zu manövrieren: Fast wollte hier niemand mehr Intendant werden, bei der Sendertochter SFB-Werbung wird wegen Betrugs in dreistelliger Millionenhöhe ermittelt, selbst ein Tatort-Kommissar stieg aus.

Berlin aber fühlt sich missverstanden von der ARD, jedenfalls forderte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) vor der in Festgarderobe versammelten Gratulantenschar ein größeres finanzielles Engagement an der Spree. Zur „ARD-Hauptstadt“ solle sein Berlin ausgebaut werden, forderte Diepgen. Das war reichlich prosaisch und wollte so gar nicht zum Anlass passen. Die Retourkutsche kam prompt: Peter Voß, Intendant des Südwestrundfunks und derzeitiger ARD-Vorsitzender, beschied Diepgen lakonisch, selbstverständlich würde man sich gern noch stärker in die Pflicht nehmen lassen. Ohne eine weitere Steigerung der Rundfunkgebühren sei das allerdings schlicht undenkbar. Und hier, bemühte sich Voß um keine Spur von Unterschwelligkeit, habe er gerade bei dem Herrn Diepgen und seiner Partei so seine Bedenken.

Und während drinnen Voß weiter sprach, meldeten draußen die Agenturen, der CDU-beherrschte sächsische Landtagwolle die eben erst mühsam verhandelte Gebührenerhöhung zum Jahr 2001 doch noch zu Fall bringen.

Den Festakt im Berliner Schauspielhaus hatte da ohnehin schon jemand ganz anderes ganz unerwartet gewonnen: Wolfgang Thierse. Der zweite Mann im Staat hielt der ARD gleich zwei Spiegel vor, lobte ihre Leistungen für Aufbau und Entfaltung der Demokratie in Deutschland und sparte nicht an eigener Biografie: „Vor allem aber haben sie (die ARD-Anstalten) einen nicht zu unterschätzenden Anteil daran, dass wir bleiben, was wir sind: ein Volk.“

Doch Thierse kratze auch am Lack des öffentlich-rechtlichen Mythos: Die Tendenz zur unterhaltsameren Verpackung führe dazu, dass selbst die ARD-Nachrichten anstelle von Information eher die „Illusion der Informiertheit“ vermittelten.

Und bei aller momentan-betroffener Berichterstattung über rechte Gewalt sei doch auch bei der ARD der Wurm drin, meinte der Bundestagspräsident: „In einer Gesellschaft, die Gewalt zum wichtigsten Gegenstand ihrer abendlichen Fernsehunterhaltung macht, ist etwas nicht in Ordnung.“ STG

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