: Faulenquartier: Peeling statt Parken
■ Im Faulenquartier soll ein Parkhaus zum Wohlfühlen entstehen / Hamburger Wellness-Unternehmen ist an Umnutzung interessiert / Der neue „öffentliche Raum“ hat seinen Preis
Kennen Sie schon die Herrengrundbehandlung? Eine Hautdiagnose gehört dazu, Peeling, die „manuelle Ausreinigung“, Gesichtsmassage inklusive Nackenauflockerung, Maske. Der Preis: Gepflegte 85 Mark. Anbieter ist das Unternehmen Meridian SPA, das in Hamburg drei große Wellness-Center betreibt. Gestern wurde bekannt, dass Meridian SPA (Motto: „Entdecke deinen inneren Apfelkuchen“) nun auch die Bremer grundbehandeln möchte – im Parkhaus Faulenstraße/Diepenau.
Dies soll ab 2001 zu einem 8.000 Quadratmeter großen Wellness-Center umgebaut werden und so zur Wiederbelebung des siechen Faulenquartiers beitragen. Es bestünden gegenseitige Absichtserklärungen in dieser Sache, erklärte BREPARK-Geschäftsführer Peter Rienäcker auf dem Dach des siebenstöckigen Gebäudes. Er rechnet mit bis zu 100.000 Besuchern jährlich, die sich in dem teilweise umgenutzten Parkhaus sanieren wollen – etwa in der Mittagspause. Mit im Angebot: Thermenanlagen, Pools, Gastronomie, Fitnesskurse und ein „Spirit Centrum für die fernöstliche Welt von Ayurveda bis Zilgrei“. 250 der bisherigen 550 Stellplätze müssten der Wohlfühl-Filiale weichen – wohin genau, ist zurzeit noch ungeklärt.
Seit Jahren schon wird über die Zukunft der schlecht ausgelasteten Großgarage in Top-Lage am Weser-ufer diskutiert. Bausenatorin Chris-tine Wischer (SPD) hofft nun, dass das Wellness-Zentrum ein „Schlüsselprojekt“ für das Faulenquartier wird. Genau dies sei bei den bisher eher mäßigen Erfolgen, dieses Viertel wieder zu beleben, notwendig. Schließlich machen die jungen, kreativen Dienstleister, die man hier gerne hätte, noch einen großen Bogen um die Gegend. Und jetzt geht mit Saturn Hansa auch noch einer der letzten Publikumsanker verloren.
Das Parkhaus zum Wohlfühlen fußt auf einer Machbarkeitsstudie des Amsterdamer Architekturbüros van Berkel & Bos, das auch die städtebauliche „Vision“ für das Quartier erarbeitet hat. („TIME & LIFE“) Neben Dienstleistern aus der Medien- und IT-Branche sollen hier auch Standortfaktoren wie „Lebensstil“ einziehen.
Im Fall des Parkhauses sieht das architektonisch so aus: An der Weserseite und der Straße Diepenau werden Teile des Gebäudes abgebrochen. Auf dem frei werdenden Gelände entsteht ein mehrgeschossiger, L-förmiger Block. Am Diepenau stößt er an ein bestehendes Bürogebäude – eine natürliche Belichtung ist ausgeschlossen. Detail-ierte architektonische Entwürfe existieren noch nicht.
Fest steht jedoch, dass anspruchsvollere Planungen – es gab insgesamt sieben Modelle – keinen Erfolg hatten. So existierten Vorschläge, mehrere Gebäudenutzungen auch baulich anspruchsvoll zu integrieren. Die Idee, Wohnen am Wasser zu realisieren, wurde ebenfalls verworfen. Büros gibt's auch keine. Das grüne Bürgerschaftsmitglied Dieter Mützelburg hätte sich da „pfiffigere Lösungen“ gewünscht. Für ihn ist eine solche Umnutzung des Parkhauses nur zweite Wahl.
Jetzt heißt die Devise: Auch ein Parkhaus mit Wellness-Center ist „multifunktional“. Schließlich wolle man das Faulenquartier als öffentlichen Raum revitalisieren, so Bausenatorin Wischer. Auf Seiten der BREPARK ist man auch der Meinung, dass der vorgeschlagene Gebäudetyp „mit vertretbarem konstruktiven und finanziellen Aufwand ein Höchstmaß an öffentlicher Nutzung gewährleistet“.
Geschäftsführer Rienäcker sähe es am liebsten, den Hamburger Wellness-Investoren die Fläche für ihren Bremer Tempel zu verkaufen, um mit dem Erlös das Rest-Parkhaus umzubauen. Und der Preis für die künftigen Nutzerinnen und Nutzer? In Hamburg kostet eine Eintrittskarte für Meridian SPA 27 Mark. Mindestens. hase
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