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„Attacke gegen die Richtlinien“

Rüstungsexporte als grüne Interessenpolitik? Roth und Sterzing wehren sich gegen eine Fraktionsanalyse, die das Menschenrechtskriterium für Rüstungsexporte relativiert

BERLIN taz ■ „Das ist eine Attacke gegen die Rüstungsexportrichtlinien“, empört sich Claudia Roth, die grüne Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag. Christian Sterzing, Koordinator des Fraktions-Arbeitskreises Außenpolitik und Abrüstung, sagt: „Ich halte das Papier für sehr, sehr unglücklich, weil es den Eindruck erweckt, wir müssten neu über Rüstungsexporte nachdenken.“

Auslöser der Kontroverse in der Bundestagsfraktion ist eine interne Analyse zu Rüstungslieferungen, die gestern von der taz öffentlich gemacht wurde. Dort heißt es unter anderem: „Auf Dauer werden die Menschenrechte als Hauptkriterium nicht tragen.“ Die Autoren, darunter ein Mitarbeiter im Abgeordnetenbüro von Joschka Fischer, regen eine Diskussion an, ob nicht auch Rüstungsexporte als Instrument deutscher Interessenpolitik verstanden werden müssten. „Es gibt nicht den geringsten Grund, jetzt eine Diskussion über den Inhalt der Rüstungsexportrichtlinien anzuzetteln“, kontert Roth. Sterzing betont, SPD und Grüne hätten sich gerade erst auf die Richtlinien verständigt. „Ich sehe keinen Anlass, sie zu revidieren.“

Defizite sehen beide bei der Umsetzung der Richtlinien, wie etwa beim jüngst bewilligten Export einer Munitionsfabrik in die Türkei, der von den Grünen abgelehnt wird. „Deshalb zu sagen, das Menschenrechtskriterium hält auf Dauer nicht, diskreditiert Menschenrechtspolitik“, kritisiert Roth, „es geht dabei nicht um grüne Träumerpolitik.“ Wenn die Autoren der Analyse die Exportrichtlinien als „ein Placebo für die grüne Seele“ beschrieben, würden sie die Bedeutung der Menschenrechte für die Außenpolitik verkennen. Rot-Grün habe sich bei Waffengeschäften auf eine restriktive Linie geeinigt, weil ihr Ziel die Zivilisierung der Außenpolitik und die Stärkung der Krisenprävention sei. Die Bundesrepublik unterscheide sich damit bewusst von der primär interessengeleiteten Politik anderer Staaten.

Sterzing und Roth bestreiten, dass die Grünen beim Thema Rüstungsexporte zwangsläufig in die Defensive geraten müssen. In der Analyse heißt es: „Der gegenwärtige Zustand wirkt vor allem nach außen außerordentlich unbefriedigend, defensiv bis hilflos.“ Sterzing hält dagegen, es gebe auch in der SPD-Fraktion zahlreiche Gegner einer laxen Exportpolitik, die sich im Fall der Munitionsfabrik allerdings nicht öffentlich zu Wort gemeldet hätten. PATRIK SCHWARZ

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