piwik no script img

Grüne: Schneller studieren ist trendy

■ In einem Positionspapier fordern die Grünen eine „flächendeckende“ Einführung von schnellen Bachelor- und Master-Studienabschlüssen in Bremen

Die Bremer Grünen haben ges-tern einen Richtungswechsel in ihrer Hochschulpolitik bekannt gegeben. Für die „flächendeckende“ Einführung von Bachelor- und Master-Abschlüssen neben Magister und Diplom in Bremen sprach sich Hermann Kuhn, wissenschaftspolitischer Sprecher der Grünen aus. Derzeit werden die neuen Abschlüsse in Bremen vor allem in Fächern angeboten, die nicht in Konkurrenz zu traditionellen Diplom- oder Magisterfächern stehen und neu eingerichtet werden.

„Die neuen Abschlüsse wären als Konkurrenz zu den alten zu sehen. Das ist sogar gewollt“, sagte Kuhn. Zwar wolle er nicht so weit gehen, die alten Abschlüsse schon jetzt totzusagen. Allerdings gehe der Trend eindeutig in Richtung Bachelor („BA“, erster Studienabschluss nach drei Jahren) und Mas-ter („MA“, zweiter Studienabschluss nach ein bis zwei Jahren). Als Begründung für seine Forderung verwies Kuhn auf die lange Studiendauer der deutschen AbsolventInnen im internationalen Vergleich. Zudem käme ein durchdachtes MA/BA-System dem Patchwork-Studienverhalten zwischen Hochschule und Job entgegen, da eine Modularisierung des Studiums möglich würde.

Die Ausweitung der Bachelor- und Masterstudiengänge waren der entscheidende von vier Punkten im gestern präsentierten Positionspapier „Vorschläge für eine durchgreifende Studienreform“, mit dem die Grünen eine wissenschaftspolitische Debatte in Bremen lostreten wollen. Weiterhin forderten die Grünen, die Fachhochschulen auszubauen, das Teilzeitstudium zu erleichtern und die wissenschaftliche Weiterbildung an den Hochschulen im Sinne eines lebenslangen Lernens zu stärken.

Abgelehnt wird die Forderung nach einer flächendeckenden Einführung der BA/MA-Abschlüsse vom AStA der Uni Bremen. „Von der ehemaligen Kritik an den Studienbedingungen ist nur übrig geblieben: Schneller studieren!“, kritisiert Frank Sobich, Mitglied im AStA-Vorstand. Die neuen Abschlüsse, fürchtet er, würden zu Lasten des Niveaus des Studiums gehen, Magister und Diplom würden zu Auslaufmodellen herabgewürdigt.

Vertreter der Grünen Jugend und der Juso-Hochschulgruppe reagierten ebenfalls skeptisch auf den Vorstoß der Grünen. Jan Fries von der Grünen Jugend sagte, es sei nur ein kurzer Schritt, die staatliche Studienfinanzierung nur noch auf die BA und MA-Abschlüsse auszurichten, so dass Diplom und Magister für Bafög-Empfänger als Alternative nicht mehr zur Verfügung stünden. Hochschul-Juso Nils Stegemann befürchtet vor allem eine Verschlimmerung von Studien- und Prüfungsordnungen durch die Hintertür, wenn neue Studiengänge geschaffen statt alte reformiert werden. Dass gerade die Grünen einen solchen Vorschlag machen und die große Koalition „rechts überholen“ sei „merkwürdig“.

Ein verhaltenes „Ja“ für die Grünen-Vorschläge kam hingegen gestern von drei Dekanen aus sozial- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen der Universität. Tatsächlich wolle man sich der Internationalisierung der Abschlüsse nicht länger verschließen, so die einhellige Meinung, daher sei es wichtig, auch Master und Bachelor anbieten zu können. „Man sollte mit den alten Abschlüssen aber pfleglich umgehen“, warnte Annelie Keil aus dem Fachbereich Human- und Gesundheitswissenschaften.

Auch der Dekan der Sozialwissenschaften, Gerhard Bahrenberg, sagte, eine Parallelität der verschiedenen Abschlüsse könne „problematisch“ sein, auch wenn er persönlich die Einführung befürworte. „Wenn die Tür geöffnet wird, ist die flächendeckende Einführung neuer Abschlüsse natürlich nicht mehr weit“, dieses Fazit zieht der Dekan der Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften, Rudolf Kretschmann.

cd

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen