: Keine Nebensache
■ Mendels Mitmach-Theater für Kinder
Was den meisten Erwachsenen unangenehm ist, begeistert Kinder ja oftmals noch ganz unbefangen. Mitmachen im Theater ist so etwas. Bei Jakob Mendels Ein-Mann-Stück Eine Nebensache im Rahmen der Dänischen Kinder-Theater-Woche im Fundus-Theater kommen die Kinder richtig auf ihre Kosten: Nur das Gerüst der Erzählung steht, während die Details vom Publikum kommen.
Als gemütlicher Landstreicher erzählt Mendel die Lebensgeschichte eines Bauern; wie der sich verliebt, verlobt, verheiratet, drei Kinder anschafft, dazu alles, was Kinder zum Glücklichsein eben so brauchen und wie er am Schluss dann doch wieder ganz alleine ist. Alle Gegenstände, die Mendel nach und nach aus seinen Taschen oder dem halb vermoderten Bienenstock zaubert, bekommen Funktion und Vergangenheit. Mit dem Hinweis auf seine lückenhaften Deutschkenntnisse lässt sich Mendel geschickt von seinen Zuschauern helfen: Wird die Schale mit Rasierschaum diesmal zum Brunnen, könnte sie von anderen Kindern gerne auch als Biotop identifiziert werden. Für die nüchternen unter ihnen bleibt ein schreiendes, im Arm gewiegtes Handtuch natürlich immer ein Handtuch und wird nie zum Baby. Und trotzdem gelingt es Mendel, auf seine unaufdringlich pädagogische Weise die Kinder zum Mitfabulieren anzuregen. Dabei bleibt eigentlich alles ganz realitätsnah: Woher bekommt man das Geld für den hohen Lebensstandard? Von der Bank. Und wenn da nichts mehr zu holen ist, müssen die Eltern eben mehr arbeiten. „Nur noch arbeiten“, wirft ein Kind ein. Mendel erarbeitet behutsam und fantasievoll, dass Familienglück nicht im immer neues-ten Videospiel oder dem Wäschetrockner liegt. Und dass sich hinter einem Landstreicher mit Bienenstock manchmal ein einsamer Bauer verbirgt. Liv Heidbüchel
Dänische Kinder-Theater-Woche: bis 30.9. im Fundus-Theater
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