: Wohnen auf schwankender Planke
Bauverein versucht, sich um den Neubau eines Wohnheims zu drücken ■ Von Gernot Knödler
Ob es in Zukunft ein Männerwohnheim an der Englischen Planke geben wird, ist weiter ungewiss. Zwar hat der Bauverein der Elbgemeinden (BVE) gegenüber der taz hamburg vor gut einem Jahr versprochen, er werde ein neues Wohnheim bauen. Eine elfköpfige Gruppe von ehemaligen Mietern, die vom Mieterverein zu Hamburg unterstützt wird, befürchtet aber, dass die Wohnungsbaugenossenschaft de facto etwas anderes plant.
Bereits 1990 hatte der BVE den Umbau der 150 Einzel- und zehn Doppelzimmer in 43 Sozialwohnungen beantragt. Das Projekt zog sich hin, bis 1995 eine Soziale Erhaltungsverordnung für die südliche Neustadt erlassen wurde, mit der gering verdienende BewohnerInnen vor einer Verdrängung aus dem Viertel geschützt werden sollten. Nach langen Verhandlungen einigten sich der Bauverein und die Stadt darauf, etwa die Hälfte der Wohnheim-Zimmer in Sozialwohnungen umzuwandeln und die übrigen zu modernisieren.
Das Vorhaben scheiterte an der schlechten Bausubstanz des Gebäudes aus den 50er Jahren. Anfang des vergangenen Jahres riss die Genossenschaft das Wohnheim ab. Die Bewohner wurden über Zeitmietverträge mit anderen Wohnungen versorgt. Bis zum 31. Oktober müssen die Mieter deren Verlängerung beantragen. Keiner der ehemaligen Heim-Bewohner werde aus der Wohnung geworfen, verspricht Claus Surén vom BVE. Jeder, dem das schriftlich zugesagt worden sei, dürfe nach Fertigstellung des neuen Wohnheims in die Englische Planke zurückkehren.
Ob die Ex-Bewohner in das, was dort unterhalb des Michel derzeit geplant wird, einziehen wollen oder können, steht jedoch auf einem anderen Blatt. „Was dem BVE vorschwebt, geht an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbei“, behauptet Wilfried Lehmpfuhl vom Mieterverein. Der Bauverein wolle nicht mehr besonders billigen Wohnraum bauen, bei dem sich viele Mieter jeweils Küche, Duschen und Toiletten teilen und maximal 410 Mark im Monat bezahlen müssten. Stattdessen plane er Sozialwohnungen, „deren Mietbelastung über dem Sozialhilfesatz von 621 Mark liegen dürfte“.
Dafür spricht, dass der BVE zugunsten des geplanten „Wohnheims“ eine Förderung für Sozialwohnungen und nicht für ein Wohnheim beantragt hat. Das liege daran, dass „die Voraussetzungen einer typischen Wohnheim-Förderung nicht einher gehen mit den Planungen, die wir vorhaben“, sagt Surén. Gleichwohl plane die Genossenschaft ein Wohnheim, allerdings „nicht nach dem Standard der 50er Jahre“. Die Zimmer würden nicht mehr an einem langen Flur liegen, sondern zu kleinen Einheiten zusammengefasst werden. Ein konventionelles Wohnheim, räumt Surén ein, käme wohl billiger, lasse sich aber „baulich nicht umsetzen“.
Der Milieuschutz zwischen Elbe und Michel ist Thema einer Podiumsdiskussion heute Abend ab 19 Uhr im Krayenkamp 4a.
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