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Grundschule am Netz

■ Die Admiralstraße ist PC-mäßig anderen Grundschulen ein Stück voraus / Eindrücke vom „Personalmix“ in der Praxis

In den USA, die uns bei der Benutzung von Computern um Jahre voraus sind, gibt es derzeit eine Gegenbewegung. Mehr als mechanisches Klicken mit der Maus und Reaktionen auf Bildschirm-Reize könnten Kinder am PC sowieso nicht lernen, wird argumentiert, das Bildungserlebnis sei also begrenzt. Und: Der PC mit seinem hohen Image-Wert verführt sozial isolierte Kinder, sich auf die Beziehung mit der Maschine zurückzuziehen und darin Bestätigung zu suchen. „Soziales Lernen“ sei aber entscheidend, insbesondere im Grundschul-Alter.

Von solchen Gegenbewegungen sind wir in Bremen weit entfernt, derzeit rollt die Welle „Schulen ans Netz“, durch den Bremer Bildungssenator unterstützt, und das betrifft auch die Grundschulen. Und wenn eine Grundschule „am Netz ist“, was dann? Die Grundschule Admiralstraße ist „am Netz“ und mit PCs vergleichsweise gut ausgestattet. In den meisten Klassenräumen steht ein Gerät und es gibt auch einen „PC-Raum“ für Arbeitsgruppen. Teilweise sind es in den Klassen alte Geräte noch ohne CD-Rom-Laufwerk, die von Eltern oder der Landesbank ausrangiert und „gestiftet“ wurden, vor allem im PC-Raum gibt es aber auch Geräte nach dem aktuellen Stand der Technik.

Wenn man Kinder der dritten Klasse fragt, was sie mit dem PC machen, dann ist die Antwort klar: „Malen“. Kleine Rechenaufgaben lösen sie da auch, sie schreiben Wörter, aber das ist offenbar so gut in Spiele verpackt, dass es mehr von den LehrerInnen als von den Kindern erwähnt wird. In den Pausen, wenn sie bei schlechtem Wetter nicht raus auf den Hof können, dann dürfen sie manchmal am PC spielen, erzählen die Kids. Oder im Unterricht – diejenigen, die schon fertig sind mit ihrer Aufgabe. Sie lernen die Anfänge: Wie bediene ich eine Maus, wie bediene ich ein einfaches Mal-Programm. Auf den „gespendeten“ Geräten gibt es das Paint-Programm, immerhin. In einer Arbeitsgemeinschaft können die Neun- und Zehnjährigen unter Anleitung und Aufsicht im Netz eine Information für „Sachkunde“ suchen, manchmal. Manchmal helfen Väter mit PC-Kenntnissen, „Teilgruppen“ einzurichten. „Ich lass mir manchmal was erklären von den Kindern“, gesteht eine (ältere) Lehrerin. Eine neue, junge Lehrerin gibt es immerhin, für die der Umgang mit dem PC selbstverständlich ist.

Wichtig ist, dass die Kinder „die Hemmungen verlieren“, sagt der Hausmeister Gerhard Ziehm. Er ist bei den Kindern nicht nur der Ansprechpartner für alle kleinen und großen Sorgen von einem blutenden Knie und der kaputten Glühbirne bis zum Kaba-Geld. Er kümmert sich auch um die PCs. In einem durchschnittlichen Grundschul-Kollegium mit dem Durchschnittsalter bei 50 Jahren tummeln sich nicht die Computer-ExpertInnen. Da wird die Hilfe eines Hausmeisters, der sich in seiner Freizeit zum Hobby-Experten gemausert hat, gern angenommen. „Personalmix“, steht hin und wieder in der Zeitung, sei doch sinnvoll und zu fördern, sagt der Bildungssenator. Nur die LehrerInnen wollten das nicht. Die Probleme der Status-Grenzen in der Schule beschäftigen den Hausmeister weniger als die Haltung der Schulbehörde: „Wenn das anerkannt würde von der Behörde, könnte ich freier arbeiten“, sagt der Hausmeister.

Das Dienstzimmer von Hausmeister Ziehm an der Grundschule Admiralstraße ist nur acht Quadratmeter groß, aber direkt im Eingang zur Schule mit großer Fensterscheibe. Er sieht alles. Und die Kinder kommen zu ihm mit fast allem. Eben auch, wenn der Computer „abgestürzt“ ist. Die Unternehmens-berater von „Roland Berger“ interessiert das nicht, sie gucken nur nach, wie viele Quadratmeter Schule ein Hausmeister unter sich hat. 8.000 Quadratmeter sind die Norm, und Grundschulen sind – zum Glück! – nicht so groß. Welche Rolle ein lebendiges Exemplar von „Personalmix“ im sozialen Lernen einer Schulgemeinschaft spielt, das lässt sich in den Overhead-Folien von Roland Berger nicht darstellen. K.W.

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