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Wie die Polizei die PDS be(ob)achtet

Ob Einladung zur Sauvesper oder zum Delegiertentag: Die Gewerkschaft der Polizei und der Bund Deutscher Kriminalbeamter wagen nach jahrelangen Diskussionsprozessen nun endlich die Annäherung an die PDS

Zehn Jahre nach der Wiedervereinigung geben auch die beiden großen Polizeigewerkschaften ihre Berührungsängste mit der PDS auf. Ganz einfach war der Schritt aber offenbar nicht. In der Septemberausgabe ihrer Zeitschrift Deutsche Polizei spricht die Gewerkschaft der Polizei (GdP) von einer „längeren intensiven Diskussion“, die notwendig gewesen sei. Das ist stark untertrieben. Tatsächlich dauerten die Versuche, unter den 18.000 Mitgliedern „die Mehrheitsmeinung zu erwischen“, rund sieben Jahre. Nach Ansicht ihres Landesvorsitzenden Eberhard Schönberg hätte es schneller gehen können. Denn als größte Oppositionspartei sei die PDS „demokratisch legitimiert und bei vielen unserer Mitglieder im Osten verankert“.

Ganz so lange hat der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), der etwa die Hälfte aller Berliner Kripobeamten organisiert, nicht benötigt. Aber immerhin gut zwei Jahre. Die Erklärung von BDK-Chefin Heike Rudat klingt ähnlich wie die Schönbergs: „Neue Ideen müssen behutsam eingebracht werden.“ Anders als die GdP hat der BDK noch kein offizielles Gespräch geführt, sondern einen Umweg gewählt. Im Februar wurden PDS-Vertreter zur alljährlichen Sauvesper und im Mai zum Delegiertentag des BDK eingeladen.

Die Annäherung hat mit dem Generationswechsel an der Spitze der Berliner Polizeigewerkschaften zu tun. Traditionell ist die GdP mehrheitlich auf die SPD fixiert, während viele BDK-Mitglieder eher der CDU zuneigen. Doch die Distanz zu den Mutterparteien ist größer geworden. Eberhard Schönberg ist vor einem Jahr aus der SPD ausgetreten. Dort werde über eine „bürgernahe Polizei“ zwar viel geredet, aber wenig getan. „Früher“, sagt auch Heike Rudat, „hatten wir eine klare Bindung an die CDU, heute vermeiden wir eine zu starke Parteienanbindung.“

Doch die politische Öffnung hat ihre Grenzen. Bei Reizworten wie Polizeikennzeichnung, Übergriffe und fremdenfeindliches Verhalten von Polizeibeamten zeigt Eberhard Schönberg die alten Reflexe: konsequente Ablehnung und Verharmlosen. „Eventuell“, so der GdP-Chef, „hinkt die Polizei da immer ein bisschen hinterher.“ Dass ihr Verband trotz aller Veränderung immer noch eher konservativ denkt, bestreitet auch die BDK-Chefin nicht. Doch Heike Rudat selbst scheint schon einen Schritt weiter. „Es ist leider richtig, dass ein nicht unerheblicher Teil der berechtigten Beschwerden gegen Polizeibeamte aus autoritären Verhaltensformen resultiert“, gesteht sie. OTTO DIEDERICHS

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