Statt 29 Jahre Haft 28 Jahre Berufsverbot

Der Rechtsstreit um Jesús Gil y Gil, Marbellas Bürgermeister und Clubchef von Atlético Madrid, geht in die Berufung

MADRID taz ■ Trikotwerbung kann strafbar sein. Der Präsident des spanischen Zweitligisten Atlético de Madrid, Jesús Gil y Gil, wurde vom Gericht im südspanischen Málaga für 28 Jahre inhabilitiert, also der politischen Amtsführung für unwürdig erklärt. Gil, der auch Chef der von ihm gegründeten Partei Grupo Independiente Liberal (GIL) ist und als solcher Bürgermeister des Mittelmeerbadeortes Marbella, darf während dieser Zeit keine öffentlichen Ämter bekleiden. Gil wird für schuldig befunden, „willkürlich“ Geld aus der Gemeindekasse genommen zu haben, um Atlético zu sponsern, und das, ohne die fraglichen fünf Millionen Mark in den Büchern der Kommunalverwaltung anzuführen. Neben der Inhabilitation wird dies Gil sechs Monate Haft und eine Geldstrafe von 12.000 Mark kosten.

„All das geschah, um Vorteile für die Gemeinde und den Landkreis von Marbella zu erhalten“, sagte Richter José María Muñoz und blieb weit unter den geforderten 29,5 Jahren Haft, 74 Jahren Inhabilitation und 20 Millionen Mark Geldstrafe. Der Staatsanwalt Carlos Castresana will beim Obersten Gerichtshof in Berufung gehen. Er ist sicher, dass es sich bei den Unregelmäßigkeiten um ein Betrugsdelikt handelt: Gil habe versucht, das Geld in die eigene Tasche zu wirtschaften. Dazu habe der 66-Jährige mit sich selbst ein Dreiecksgeschäft getätigt: Bürgermeister Gil soll mit Atlético-Besitzer Gil einen Werbevertrag geschlossen haben.

Die Elf spielte fortan mit Marbellas Namen auf der Brust. Das Rathaus des Mittelmeerortes zahlte besagte 5 Millionen Mark. Wegen der leeren Gemeindekassen streckte Gil zusammen mit anderen Unternehmern das Geld vor, bekam es drei Jahre später mit Zinsen zurück. Um dem Deal einen legalen Anstrich zu geben, soll Gil einige Dokumente gefälscht haben.

Während Gil mit dem Urteil „zufrieden“ ist, zeigt sich die Sprecherin der Sozialisten im Rathaus, Isabel García Marcos, „enttäuscht“. Sie hat 1996 mit ihrer Anzeige gegen Gil das Verfahren ins Rollen gebracht. Auch sie will Widerspruch gegen das Urteil einlegen. Bis der Oberste Gerichtshof endgültig entschieden hat, bleibt Gil sowohl Bürgermeister als auch Clubvorsitzender. REINER WANDLER