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Skibrillen, Fasching, Rüben und Bikinis

■ Fotos einer Ehe: „Immer wieder Rosel“ von Nelli Zwirner bei Feinkunst Krüger

Was ist das bloß für eine merkwürdige Person, die Rosel, die uns da auf 2000 Farbdias entgegenlacht? Die ältere Frau mit ihren perückenhaften Frisuren wirkt wie hineinmontiert in die Urlaubsansichten, die die Galerie Feinkunst Krüger derzeit zeigt. In kaum abweichender Körperhaltung, eine Hand meist in die Hüfte gestützt, steht sie in unterschiedlichen Szenerien: einem blühenden Rapsfeld etwa, einem verschneiten Wald oder vor tosender Brandung. Mal präsentiert sie stolz ihre Rüben, dann führt sie dem Betrachter kokett ihr Faschingskostüm vor.

Ganz übliche Bildmotive sind es, die da zu sehen sind und dennoch: Eins neben das Andere gestellt wirken sie wie eine Persiflage. Es scheint fast so, als habe sich jemand einen Scherz erlaubt und die Sicht des typischen Touristen und Laienfotografen mittels Computermanipulation aufs Korn genommen. Doch weit gefehlt: Nichts ist Fake.

Nelli Zwirner hat die Dias bei einem Flohmarktbesuch entdeckt. Sämtliche Lichtbilder für 30 Mark, da konnte die Grafikerin nicht nein sagen. Erst zu Hause stellte sie fest, dass fast alle Bilder ein und dieselbe Frau zeigen: Rosel, wie die Diabeschriftungen bekunden. Und Zwirner fand noch mehr heraus: dass die Bilder zwischen 1963 und '78 entstanden nämlich , dass es Rosels Mann war, der seine Frau so eifrig knipste, und dass beide kinderlos blieben. Das anrührende Zeugnis des offenkundig sehr reiselustigen Ehepaares inspirierte Zwirner zu ihrer Diplomarbeit, die nun in abgewandelter Form zu sehen ist.

Da hängen Computerprints von ausgewählten Dias in unterschiedlichen Größen mit liebevoll zusammengesuchten Bilderrahmen an den Wänden. Ein flauschiger Plüschteppich, mehrere Fünfziger Jahre-Sessel und ein Nierentisch mit gehäkelten Untersetzern schaffen die dazugehörige gemütliche Wohnzimmeratmosphäre, in der man mit Genuss die Projektionen bestaunen kann. Eine der Stehlampen, die das Setting beleuchten, stammt sogar aus dem Nachlass von Rosel und ist damit höchst authentisch.

Daneben gibt es die sogenannten „Rosel productions“: Ein Memoryspiel, eine Schüttelkugel, der gute alte Zauberwürfel, alles eigens hergestellte Unikate voller Bikini- oder Skibrillen-Rosels. Die T-Shirts dagegen kann man bestellen, in unterschiedlichen Größen und Ausführungen, frisch bedruckt mit der Rosel seiner Wahl. Wer sich von soviel Rosel nicht abschrecken lässt, dem sei der Besuch bei Feinkunst Krüger wärmstens ans Herz gelegt. Kerstin Wiese

bis 28.10., Mo + Sa 14 - 17 Uhr und nach Vereinbarung, Feinkunst Krüger, Ditmar-Koel-Straße 22

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