: Mit dem Kuhhandel soll Schluss sein
Neue Börsen sollen Milchquoten billiger machen. Bislang verunsichern sie aber vor allem kleinere Bauern und treiben die Konzentration in der Landwirtschaft voran. Genau richtig, findet die Politik, das erhöht die deutsche Wettbewerbsfähigkeit
von MAIKE RADEMAKER
Es soll endlich Schluss sein mit den Sofamelkern und dem undurchsichtigen Handel unter Nachbarn. Am Montag gingen bundesweit an elf Stellen Milchbörsen an den Start, an denen Bauern ihre Milchquote handeln konnten. Quoten über mehrere Millionen Kilo wechselten die Besitzer. Für den derzeitigen Strukturwandel hin zu mehr Konzentration in der deutschen Landwirtschaft bedeutete das einen weiteren großen Schritt.
Die Nachfrage an der Börse, die im kommenden Jahr dreimal stattfinden soll, war groß, aber das Gleichgewicht zum Angebot ist noch nicht hergestellt: So boten in Nordrhein-Westfalen 29 Landwirte Milchquoten für rund eine halbe Million Kilo Milch an, 748 interessierten sich dafür. Zum ausgehandelten Gleichgewichtspreis gab es schließlich 18 glückliche Käufer. Dass sich so viele Landwirte für den Kauf von Quoten interessieren ist kein Wunder: Wer heute in der Branche mithalten will, muss seinen Betrieb ausbauen. Wer aber mehr Milch produzieren will, braucht Quoten. Mit der Börse, so die Absicht von Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD), soll den daran interessierten Milchbauern geholfen werden. Er erwartet, dass die Quotenpreise, die jetzt zwischen 0,80 und 1,70 Mark schwankten, durch mehr Transparenz langfristig sinken.
Für Unruhe hatte die Milchbörse schon vorab gesorgt. Weil die Landwirte nicht wussten, ob die Preise nun sinken oder steigen würden, verkauften 15.000 von ihnen ihre Quote vorzeitig. Gab es laut Bauernverband im Dezember letzten Jahres 152.000 Milcherzeuger, waren es im April, als das alte System des Verpachtens und Verleasens von Milchquoten abgeschafft wurde, noch rund 137.000. „So ein Strukturwandel dauert normalerweise Jahre“, erklärt Rudolf Schmidt vom Bauernverband.
Eine Chance auf den Erwerb weiterer Quoten haben besonders bietfähige, sprich profitable Betriebe. Im ersten Börsendurchgang sanken die Quotenpreise im Durchschnitt kaum. Kleine Betriebe werden so nicht mitziehen können. Das ist nur einer der Kritikpunkte der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Maria Heubuch. Außerdem seien die an der Börse gehandelten Milchquoten zwar regional, nicht aber an die Fläche gebunden. „Da kann einer, der kaum Weiden hat, trotzdem riesige Milchmengen produzieren“, erklärte Heubuch. Es bestehe die Gefahr, dass Weiden nicht mehr gepflegt oder für die Futterproduktion umgewandelt werden – auch aus Sicht des Naturschutzes eine bedenkliche Entwicklung.
Mehr Konzentration ist aber letztlich das Ziel von Politik und Bauernverband: Deutschland brauche eine wettbewerbsfähige Milchwirtschaft, also Betriebe mit niedrigen Stückkosten, argumentieren sie. Schließlich versuchen nicht nur Supermärkte und Molkereien, den Preis zu drücken: Laut Funke wird in Australien und Neuseeland billiger Milch produziert als hier.
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