: Antibiotika-Verbot in der Tierzucht
Amerikanische Aufsichtsbehörde reagiert auf resistente Bakterien und will zwei Antibiotika für die Geflügelzucht verbieten. Die WHO fordert seit langem schon Maßnahmen gegen die zunehmenden Antibiotikaresistenzen
Die US-Regierung will die Verwendung von zwei Antibiotika in der Geflügelzucht verbieten. Nach Erkenntnis der Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) entstehen durch die Verfütterung so genannter Fluoquinolone resistente Keime, mit denen jährlich mehr als 10.000 Amerikaner infiziert werden. Fluoquinolone werden auch in der Humanmedizin eingesetzt, unter anderem zur Behandlung von Mageninfektionen und bakteriellen Lungenentzündungen.
Zum ersten Mal spricht damit die amerikanische Regierung ein Verbot aus, um der seit Jahren beobachteten Resistenzbildung entgegenzutreten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert seit Jahren schon entsprechende Schritte.
Nach Angaben der FDA sind Fluoquinolone eine „wichtige Ursache“ für Infektionen mit Campylobacter-Bakterien. Diese werden im Wesentlichen durch den Genuss von Hühnerfleisch übertragen. Rund 1,8 Millionen Erkrankungen durch Campylobacter treten jährlich allein in den USA auf, 190.000 Fälle werden mit Antibiotika behandelt. In 11.000 Fällen traten Antibiotika-resistente Keime auf – eine Steigerung um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nach Berechnungen der FDA sind allein rund 5.000 Erkrankungen mit resistenten Bakterien auf den Einsatz von Fluoquinolonen in der Hühnerzucht zurückzuführen. Für die Behandlung von Rindern bleibt der Wirkstoff vorerst zugelassen.
Michael Jacobson, Präsident der Verbraucherorganisation Center for Science in the Public Interest: „Durch diese Entscheidung wird die Verbreitung von Bakterien gestoppt, die auf wirkungsvolle Antibiotika nicht mehr reagieren. Ein guter Tag für die öffentliche Gesundheit.“
Die Firma Abbott Laboratories kündigte umgehend an, ihr Produkt SaraFlox aus dem Handel zu nehmen. Der Marktführer, das Leverkusener Unternehmen Bayer, kündigte hingegen Widerstand gegen die Entscheidung an – entweder durch gerichtliche Schritte oder durch eine Eingabe an die Regierung. Hierdurch könnte das Verbot um mehrere Monate herausgezögert werden. Auch der US-Kongress muss dem Gesetz noch zustimmen.
Bayer bietet Fluoquinolone seit 1986 unter dem Namen Ciprobay an. Seit Mitte der 90er-Jahre wird die Substanzklasse unter dem Namen Baytril auch im Veterinärbereich eingesetzt. In Deutschland ist Baytril seit 1995 zugelassen und wird hauptsächlich als Injektionspräparat für die Behandlung von Schweinen verwendet, als Fütterungsarznei wurde Baytril im vergangenen Jahr nach Protesten wieder vom Markt genommen. Fast die Hälfte aller Antibiotika wird weltweit an Tiere verfüttert, in der EU sind dies allein 10.000 Tonnen jährlich.
Auch die „Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften“, der unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie und die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie angehören, spricht sich für ein Verbot aus. In einem gemeinsamen Aufruf heißt es: „Die Zunahme von Antibiotikaresistenzen bis hin zur kompletten Resistenz einzelner Erregerstämme gegen alle verfügbaren Antibiotika stellt eine ernsthafte Gesundheitsgefahr dar. (...) Aufgrund dieser – von der Weltgesundheitsorganisation bestätigten – Gefahr muss die Verwendung von Antibiotikaklassen, die in der Humanmedizin angewandt werden, als Futtermittelzusatzstoff generell verboten werden.“ PHILIPP MIMKES
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