Witwe und Konzernchefin

Friede Springer erhält den renommierten Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden

Sie liebe Äpfel, verschicke gerne Gedichte, liebe Levkojen und habe beim Radfahren einen langen Atem, war jüngst in Springers Welt über Friede Springer zu lesen, Brotherrin aller Welt-Redakteure und Chefin von Deutschlands größtem Zeitungshaus. Das mit dem „langen Atem“ mag zutreffen.

1965 lernte das Kindermädchen Friede Riewerts in Hamburg den Vater einer ihrer Schützlinge kennen: den Verleger Axel C. Springer, dem sie in den folgenden Jahren zur Geliebte, Vertrauten und engsten Mitarbeiterin wurde. Gerne hätte die blonde, blauäugige Friesin Medizin studiert, stattdessen schickte Axel Caesar sie auf verschiedene Sprachschulen. 1978 gaben sie sich in Berlin das Jawort.

Ungeachtet der üblichen Unkenrufe – 30 Jahre Altersunterschied – bereitete der Tycoon seine Gattin ebenso unauffällig wie systematisch auf wichtige Aufgaben im Konzern vor – schließlich sollte das Lebenswerk in der Familie bleiben. Nach dem Selbstmord des Springer-Sohnes Sven Simon 1980 zeichnete sich bereits ab, dass Friede Springer die angepeilten Aufgaben auch wirklich übernehmen würde. 1984 wurde sie in den Beirat der Springer-Besitzholding gewählt, nach Springers Tod am 22. September 1985 fungierte sie als eine von drei Testamentsvollstreckern – und bezog, gerade 43 Jahre alt, das Verlegerbüro im 19. Stock der Berliner Dependance. Als „Verlegerwitwe“ firmierte die Konzernchefin fürderhin in den Medien – ein Etikett, das sie in der Folge nur durch den beharrlichen Beweis ihrer Führungsqualitäten abstreifen konnte. In geschäftlichen Auseinandersetzungen (etwa mit Leo Kirch) und in interner Hauspolitik schärfte sich ihr Profil als Managerin. Der Mensch dahinter blieb stets merkwürdig blass.

Beschrieben wird sie als liebenswert, aber unverbindlich, als freundlich, aber bestimmt – und bescheiden. Und doch gelang es ihr mit kleinen, präzisen Schritten, ihre eigene Stellung im Verlag zu konsolidieren und den Konzern selbst „fit für die Zukunft“ zu machen: Der designierte Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner gilt als Protegé von Friede Springer.

Ihre Affinität zum Staate Israel hat Friede Springer von ihrem verstorbenen Mann „geerbt“. Das Werk ihres Mannes „für ein Verständnis von Israel in Deutschland“ habe sie als Verlegerin fortgeführt, hieß es bei der Verleihung des Leo-Baeck-Preises vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Das Preisgeld von 20.000 will sie für die Behandlung krebskranker Kinder spenden – nicht ohne es zuvor um das Doppelte aufgestockt zu haben.

ARNO FRANK