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Im Osten Streik

Erstmals legen Beschäftigte im ostdeutschen Baugewerbe die Arbeit nieder. IG BAU fordert Anbindung an Flächentarifvertrag

aus Lochau NICK REIMER

In Lochau bei Halle spielt sich gerade eine kleine Revolution im ostdeutschen Baugewerbe ab: Es wird erstmals gestreikt. Im Betrieb des Dorfes – dem Betonsteinwerk Gala-Beton – ruht seit elf Tagen die Arbeit.

Rainer Grundmann ist 56 und entschlossen: „Wir ziehen so lange durch, bis die Geschäftsführung einlenkt.“ Ihm ist klar: Verliert er durch den Streik seinen Job, bekommt er angesichts seines Alters nie wieder einen neuen. „Arbeite ich aber für den derzeitigen Lohn weiter, reicht meine Rente nicht.“ 14,48 Mark die Stunde verdienen die Lochauer, Lohnerhöhungen gab es in den letzten zwei Jahren nicht und sind auch nicht in Sicht.

„Wir streiken in Lochau nicht nur für einen Haustarifvertrag“, erklärt Dieter Philipp von der Industriegewerkschaft Bauen–Agrar–Umwelt. Es gehe vielmehr auch um ein Signal: „Etwa 80 Prozent der Arbeitgeber der Baubranche sind im Osten aus dem Tarifverbund ausgeschert.“ Gala-Beton gehört zur niedersächsischen Günter Papenburg AG, die einen Jahresumsatz von 1 Milliarde Mark verbucht. Und Papenburg sei eben einer, dem Flächentarife nach Philipps Worten „völlig schnurz“ sind.

„Es gibt fünf Tarifgruppen im Baugewerbe“, erklärte gestern Konzernchef Günter Papenburg gegenüber der taz. Den Lochauern sei mittlerweile klar, dass sie im „mittleren Bereich liegen, also ganz ordentlich bezahlt werden“. Und das bei der angespannten Lage der Branche. „Im Osten wird kein Geld mehr verdient, dort werden nur Verluste eingefahren“, so Papenburg. Der Umsatz des Werkes habe sich seit 1997 halbiert.

Papenburg räumte ein, dass er „vielleicht früher hätte reden müssen“ mit seinen Angestellten in Lochau. Gestern legte er der Streikleitung ein neues Verhandlungspapier vor: Zunächst behalten die 20 Mitarbeiter in Lochau ihren Lohn, im kommenden Jahr soll es dann endlich Tarifverhandlungen geben.

Als „gut, dass Papenburg wieder in den Tarif einsteigen will“, bewertete gestern Andreas Stepphuhn, Verhandlungsführer der Streikenden, das Papier. Das Entgegenkommen sei allerdings noch längst nicht akzeptabel. „Wir machen weiter Druck.“ Sei es mit einer blockiertenWerkszufahrt oder einer gesperrten Einfallstraße nach Halle. Rainer Grundmann wärmt sich die Hände überm Feuer und zitiert Brecht: „Wer kämpft, kann auch gewinnen. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

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