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Für Apensen, Volk und Vaterland

■ Bundesverdienstkreuz für früheres Mitglied von Waffen-SS und NPD-Politiker

Die CDU in Apensen weiß, was sie an Heinz Eckhoff hat. „Er war der Motor der deutsch-französischen Freundschaft in Apensen“, lobt ihn der Vorsitzende der CDU-Fraktion in dem 7000-Einwohner-Dorf im Kreis Stade. Im Genossenschaftswesen habe er Verdienste vorzuweisen, und bei einem Besuch der Soldatengräber in der Normandie habe er Eckhoff „bitterlich weinen sehen“. Die CDU ist daher der Ansicht, der frühere Apenser Bürgermeister „verdient es, geehrt zu werden“ und hat ihn für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen. Das wurde ihm gestern „in Anerkennung der um Volk und Staat besonders erworbenen Verdienste“ im Rathaus denn auch verliehen.

Besondere Verdienste – Eckhoff ist 1943 in die Waffen-SS eingetreten und zog 1968 für die NPD in den Stader Kreistag ein. Für Union und Landkreis kein Grund, die Verleihung zurückzuziehen.

Auch der 77-Jährige selbst sah keinen Anlass, auf den Festakt zu verzichten. Rote und Grüne im Kreis Stade sprechen dagegen von einer beispiellosen Peinlichkeit. SPD-Kreischef Helmut Knoefel „sträuben sich die Nackenhaare, wenn einer, der auf einer NPD-Lis-te kandidiert hat, in der heutigen Zeit geehrt wird“. Und für Grünen-Sprecher Joachim Buttler ist die ganze „Provinzposse Beleg, dass Orden endlich auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt werden“.

Gestern wurde der Orden erst einmal an der Brust Eckhoffs ent-sorgt. Der parteilose Landrat Gunther Armonat ist dafür zuständig und kommt „dieser Aufgabe gerne nach“. Er gibt kurz eine Ehrenerklärung für Eckhoff ab – „Alle, die ihn kennen, wissen, dass er sich von Hass, Gewalt und Rassismus distanziert“ – und hält sich anschließend immer länger mit den Verdiensten des Mannes als Vorsitzender des Kreiswegeausschusses und beim Ausbau der Radwege auf: „Du hast Dich, lieber Heinz, stets für die schwächsten Verkehrsteilnehmer eingesetzt.“ Eckhoff selbst bedankt sich beim Landrat „für die passenden und zutreffenden Worte, die Du für mich gefunden hast“. Die Honoratioren applaudieren, Protest gibt es nicht, aber ein kaltes Buffet.

Auch das Bundespräsidialamt in Berlin, verantwortlich für die Verleihung von Bundesverdienstkreuzen, zuckt nur die Achseln: Es sei weder von der Gemeinde noch vom Landrat auf Eckhoffs braune Vergangenheit hingewiesen worden und habe deshalb der Verleihung zugestimmt. Die CDU argumentiert, Eckhoff sei nie Mitglied der NPD gewesen, sondern habe 1968 nur aus taktischen Gründen auf deren Liste kandidiert: Es sei die einzige Möglichkeit gewesen, neben dem CDU-Abgeordneten einen zweiten Apenser in den Kreistag zu bringen. Das halbe Dorf hatte Eckhoff damals gewählt, der 1970 in die CDU eintrat.

Einer nahm die Verleihung nicht auf die leichte Schulter: Der Musiklehrer Jürgen Trentepohl, der für Aufbau und Leitung des Jugendblasorchesters Himmelpforten im Kreis Stade ebenfalls das Verdienstkreuz erhalten sollte, verzichtete. Er könne die Ehrung nicht gleichzeitig mit einem Mann annehmen, „der das Nazi-Regime aktiv mit gestützt hat und und sich 23 Jahre nach Kriegsende wieder einer rechtsradikalen Partei anschließt“.

Peter Ahrens

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