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Appel: Verwaltungsreform gescheitert

Exleiter des Statistischen Landesamtes sieht keine Verbesserungen. Bürgerzentren arbeiteten nach alter Manier

Die Verwaltungsreform ist nach Einschätzung des langjährigen Leiters des Statistischen Landesamtes gescheitert. „Es wurde eine Menge Geld dafür ausgegeben, aber ich sehe in keiner Weise Verbesserungen für die Bürger“, sagte der bisherige Leiter des Statistischen Landesamtes Berlin, Günther Appel. Die einst hoch gesteckten Ziele von mehr Bürgerservice und Kompetenz vor Ort seien verfehlt worden. Die Verwaltungseinheiten hätten jetzt besser klingende Namen wie Bürgerämter und Leistungs- und Verwaltungszentren. „Doch sie arbeiten genau wie früher nach dem alten Stiefel weiter.“

Die seit 1994 in Berlin laufende Verwaltungsreform tritt am 1. Januar 2001 in eine entscheidende Phase. Zum einen lösen zu Jahresbeginn die 12 neuen Großbezirke die bisher 23 Stadtbezirke ab. Zum anderen sollen dann die Bezirke mehr als 50 Aufgaben erledigen, die bisher in der Kompetenz der Senatsverwaltungen lagen. Dazu zählen beispielsweise Tierfang, Schrottbeseitigung und der Umgang mit Fundsachen. Auch wechselt das Pass- und Meldewesen in die Hoheit der Bezirke. In den Bürgerämtern sollen alle Serviceleistungen der Verwaltung für die Bürger gebündelt werden, so dass sie alles in einem Gang vor Ort erledigen können.

In diesen Ämtern werde wie bisher gearbeitet, kritisierte Appel. „Nach wie vor haben die Mitarbeiter vor Ort in vielen Fragen keine Entscheidungsbefugnis, sondern müssen sich bei ihren Vorgesetzten oder übergeordneten Stellen erkundigen und absichern“, meinte der studierte Volkswirt und Verwaltungsexperte. Die Verantwortungsstränge würden wieder vermischt. „Gefragt werden müssen vor allem wieder die, die in der Sache keine Kompetenz haben.“ Auch die Steuerungseinheit Senatsverwaltung werde nicht in Richtung Effizienz und Kompetenz gestärkt. „Eine qualifizierte Politikberatung im Sinne von Gestaltung findet nicht statt“, sagte Appel. Seine Devise sei, man macht etwas und redet nicht drüber. „In Berlin wird genau das Gegenteil gemacht.“

Appel, der fast 20 Jahre das Statistische Landesamt geleitet hat, schied am 31. Oktober aus dem aktiven Dienst aus. Ein Nachfolger soll erst Anfang nächsten Jahres berufen werden. Bis dahin wird das Landesamt von Appels Stellvertreter, Prof. Eckart Elsner, geführt. DPA

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