: Öko subventionieren
Erneuerbare Energien zu fördern, ist das berechtigt oder eine Wettbewerbsverzerrung? EU-Ministerrat entscheidet am 5. Dezember
aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER
Vor einer Woche stand Mechthild Rothe als Siegerin im Straßburger Europaparlament. Wider Erwarten hatte das Plenum ihre Änderungsvorschläge zur Erneuerbare-Energien-Richtlinie mit absoluter Mehrheit gebilligt. Heute steht die deutsche SPD-Abgeordnete als Bittstellerin im Berliner Wirtschaftsministerium, um für ihre Überzeugungen zu werben. Denn die Kommissionsrichtlinie, die den Anteil erneuerbarer Energien am europäischen Strommarkt steigern soll, stößt auf Widerstand im Rat. Am heftigsten legt sich ausgerechnet die rot-grüne Regierung quer. Dabei würde ihr die Richtline dabei helfen, ihr eigenes Erneuerbare-Energien-Gesetz besser gegen Kritik der Brüsseler Wettbewerbskommission zu wappnen.
Während die Kämpfer für den deregulierten Binnenmarkt in Mindestpreisen für sauberen Strom und Schonfristen für erneuerbare Energien eine unerlaubte Beihilfe sehen, die zu Wettbewerbsverzerrung führt, wollen die Umweltschützer mit Übergangsregeln für erneuerbare Energien eben gerade Wettbewerbsgerechtigkeit herstellen. Denn traditionelle Energieformen wie Kohle werden nach wie vor subventioniert. Und die neuen hätten gegenüber den etablierten Stromerzeugern ohne Förderung keine Chance.
Das EU-Parlament hat nun in erster Lesung eine Richtlinie beschlossen, die die Chancen der Erneuerbaren verbessert und dabei noch über den Vorschlag der Kommission hinausgeht. Der Anteil Erneuerbarer an der Stromerzeugung soll bis 2010 nicht auf 22,1 sondern auf 23,5 Prozent steigen. Nationale Fördersysteme sollen nicht, wie von der Kommission vorgeschlagen, fünf, sondern zehn Jahre erlaubt sein, bevor eine EU-weite Regelung gefunden werden muss. Die Netzkosten soll allein der Netzbetreiber tragen, lediglich die zusätzlich entstehenden Anschlusskosten übernimmt der durchleitende Erzeuger.
Die Verbraucher sollen an ihrer Stromrechnung sehen können, aus welchen Quellen die Energie stammt. Bliebe der Herkunftsnachweis – wie von der Kommission vorgeschlagen – auf die ökologischen Anbieter beschränkt, könnte jede gute PR-Abteilung umweltbewussten Stromkonsum torpedieren. Wer weiß schon, dass Eon sein Geld nicht allein mit Wasserkraftwerken, sondern auch mit Kernkraft und Kohle verdient.
Kann sich der Ministerrat bis zur nächsten Sitzung am 5. Dezember nicht mit der Kommission auf einen Kompromiss verständigen, wird es unter französischer Präsidentschaft lediglich eine wohlklingende Erklärung geben, dass erneuerbare Energien eine schöne Sache sind. Auch unter schwedischem Vorsitz ist nicht mit einem Durchbruch zu rechnen, denn die Schweden haben derzeit große Probleme, ihre im Kioto-Protokoll gemachten Zusagen bei der CO2-Verringerung einzuhalten. Die Optimisten im Europaparlament warten deshalb auf die zweite Jahreshälfte 2001, wenn Belgien den Vorsitz im Rat innehat. Sollte die belgische Ampelkoalition die Richtlinie tatsächlich voranbringen, bleibt den Freunden von Kohle und Kernkraft aber noch ein juristischer Ausweg: Sie könnten im Rat vorbringen, dass die Richtlinie einen wesentlichen Eingriff in den Energiemix der Mitgliedsstaaten bedeutet – und der kann nur einstimmig beschlossen werden.
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