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Die Extrawurst wird hoch gehängt

Die „Islamische Religionsgemeinschaft Hessen“ organisiert sich ganz breit, um Religionsunterricht geben zu können. Das wurde ihr zum Verhängnis

von CHRISTIAN RATH

Für Muslime gibt es derzeit keine Ausnahme vom Schächtverbot. Dies entschied gestern das Bundesverwaltungsgericht in Berlin. Geklagt hatte ein Mitglied der „Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen“ (IRH), das zum muslimischen Opferfest im März einige Tiere rituell schlachten wollte. Ihm wurde jedoch vorgehalten, dass die IRH keine „Religionsgemeinschaft im Sinne des Tierschutzgesetzes“ sei. Schon diese recht groteske Formulierung zeigt, dass es in diesem Rechtsstreit vor allem um die Frage ging, wie sich Muslime in Deutschland organisieren sollen, damit sie von deutschen Behörden überhaupt ernst genommen werden.

Um das Schächten geht es bei dem Streit zwischen der IRH und dem Offenbacher Amt für Lebensmittelüberwachung und Tierschutz nur noch am Rande. Grundsätzlich ist das betäubungslose Schlachten von Warmblütern in Deutschland zwar verboten, doch das Tierschutzgesetz sieht hierfür eine ausdrückliche Ausnahme vor, wenn „zwingende Vorschriften einer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben“. Gestritten wird nun schon seit fast zwei Jahren, ob sich auch der klagende hessische Muslim auf diese Bestimmung stützen kann.

Dabei bestreitet niemand mehr, dass es im Islam zu dieser Frage unterschiedliche Ansichten gibt. Das Verwaltungsgericht Darmstadt stellte deshalb in erster Instanz ganz auf die Haltung der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen ab. Wenn diese ihren Mitgliedern „zwingend“ zum Opferfest das rituelle Schlachten vorschreibt, dann muss eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden. Tatsächlich erließ das oberste religiöse Organ der IRH im Laufe des Verfahrens ein („Fatwa“ genanntes) Rechtsgutachten, das von der IRH-Mitgliederversammlung auch für „verbindlich“ erklärt wurde. Das genügte den Darmstädter Richtern. „Es kann nicht Aufgabe eines staatlichen Gerichts in einem religiös neutralen Staat sein“, hieß es in der 1999 ergangenen Entscheidung, „verbindlich aufgestellte Regeln einer Religionsgemeinschaft auf ihre inhaltliche Vereinbarkeit mit den schriftlichen Überlieferungen zu überprüfen.“

Das hat nun zwar auch die Revisionsinstanz, das Bundesverwaltungsgericht, nicht gemacht. Sie hat jedoch die Fatwa einfach ignoriert und der IRH sogar das Recht abgesprochen, in der Schächt-Frage überhaupt verbindliche Äußerungen abzugeben. Die Berliner Richter stützten sich dabei auf die Satzung der Gemeinschaft, in der es heißt, sie verstehe sich als Interessenvertretung von Muslimen aller Glaubensrichtungen mit Wohnsitz in Hessen. Es fehle ihr damit jedoch an einem „religiösen Profil“. Faktisch wurde der IRH damit vorgeworfen, die Fatwa zum kontroversen Thema „Schächten“ habe die eigene Satzung verletzt. Kaum anzunehmen, dass ein deutsches Gericht es wagen würde, so in die inneren Angelegenheiten etwa der katholischen Kirche einzugreifen.

Die IRH steht nun vor einem Dilemma. Um in Hessen Religionsunterricht an Schulen erteilen zu können, hat sie sich bewusst möglichst breit organisiert. Hier muss sie sich zwar immer wieder vorwerfen lassen, dass etwa Sunniten überrepräsentiert oder Aleviten ausgegrenzt werden. Andere Kritiker halten der IRH auch vor, von der fundamentalistischen Sekte Milli Görüs gesteuert zu sein. Die IRH, der nach eigenen Angaben 11.000 Mitglieder angehören, betont dagegen, dass ihr Vorstand „multiethnisch“ besetzt sei.

Doch nun wird der IRH genau dieser Integrationsansatz zum Vorwurf gemacht. In der Frage des Schächtens müssten sich nun, so die gestrige Vorgabe, nur die Rechtsschulen zusammentun, die eine einheitliche Auffassung zum Thema Schächten aufzuweisen. Nur eine derartige „Fatwa“ könnte von den deutschen Behörden respektiert werden. Juristisch mag dies seine Logik haben, es wirkt jedoch wie eine Schikane.

Vorsichtshalber betonte Richter Driehaus gestern, dass das Urteil seines Gerichtes keine Auswirkungen auf die „schulrechtliche“ Beurteilung der IRH habe. Weder positiv noch negativ.

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