EU vertraut Belgrad

Die EU besteht nicht auf der Auslieferung von Slobodan Milošević, der Chef der serbischen Sozialisten bleibt

BELGRAD taz ■ Jugoslawiens Präsident Vojislav Koštunica und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi haben am Samstag in Belgrad ein Kooperationsabkommen unterzeichnet. Somit sei Jugoslawien auch formal EU-Partner geworden, meinte Koštunica. Das Ziel sei aber nicht, von ausländischer Hilfe zu leben, sondern die eigene Wirtschaft anzukurbeln. Die EU wird Jugoslawien bis 2006 rund 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Ein weiteres Abkommen mit der Europäischen Entwicklungsagentur soll Serbien bei der Stromversorgung, bei Heizmitteln und Medikamenten helfen.

Die EU mache ihre Hilfe für Jugoslawien nicht von der Auslieferung des früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag abhängig, erklärte Prodi. Er habe volles Vertrauen in die demokratischen Kräfte im Lande, das Problem Milošević allein lösen zu können.

Währenddessen ließ sich Milošević am Samstag erneut zum Vorsitzenden der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS) wählen. Der Parteikongress war nicht so glanzvoll wie früher. Nicht einmal der Verkehr wurde vor dem Belgrader Kongresszentrum „Sava“ gesperrt. Auch waren Milošević’ Anhänger aus der Provinz ausgeblieben, die sonst bei solchen Gelegenheiten für Proviant und Taschengeld massenhaft nach Belgrad gekarrt wurden, um Milošević vor laufenden Fernsehkameras frenetisch zu beklatschen.

Doch die Rhetorik des vom Volk gestürzten Expräsidenten war so aggressiv wie eh und je: Die Demokratische Opposition Serbiens habe durch einen „Putsch“ die Macht an sich gerissen, die neuen Machthaber seien nichts anderes als „Söldner“ und „Verräter“, die „Medien in den Händen ausländischer Geheimdienste“, und das Haager Kriegsverbrechertribunal sei die neue „Gestapo“. Laut Milošević würde allein die SPS die Interessen von Staat und Volk verteidigen. Die Bürger würden dies schon einsehen, weshalb die SPS nicht wegen der für den 23. Dezember geplanten Parlamentswahlen in Serbien bangen müsse.

Der SPS-Kongress sollte Einigkeit und Stärke vermitteln und die Reihen schließen, nachdem viele hohe Funktionäre die Partei verlassen hatten. Obwohl Milošević durch seinen Sturz geschwächt ist, verunsicherte er mit seinem Auftritt viele Bürger Serbiens, die ihn nach dem Volksaufstand endgültig für besiegt glaubten. ANREJ IVANJI