Schwarzer Feminismus: Alice bei der Union

Alice Schwarzer meets Angela Merkel: Feminismus West trifft auf Pragmatismus Ost beim 20. Geburtstag der Frauen in der Unionsfraktion

BERLIN taz ■ Feminismus in der CDU geht so: Auf den adrett angeordneten Tischen in der thüringischen Landesvertretung in Berlin liegen zur würzenden Zierde kleine Peperoni-Sträuße. Würze soll dem zwanzigsten Geburtstag der „Gruppe der Frauen“ in der Unionsfraktion am Dienstagabend auch ein kleines Wagnis geben: Alice Schwarzer hatte man zum „Dialog“ geladen.

Ungewöhnlich für eine Partei, die Quote und Fristenregelung ablehnt und in der die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bisher immer noch Frauensache war. Doch Schwarzer ist erstens qua Charme universal kompatibel: „Ich bin ja noch nicht ganz CDU-Mitglied“, muss sie zwischenzeitlich mal feststellen. Zweitens sitzt sie mit Angela Merkel auf dem Podium. Und siehe da, die CDU-Vorsitzende, erklärtermaßen keine hauptamtliche Frauenpolitikerin, erweist sich als Schutzpatronin für das innovative Arrangement.

Hatte sie doch kurz vor ihrer Kür zur Parteichefin öffentlich mit Schwarzer gefrühstückt, wobei mehrere CDU-Granden den beiden interessiert in die Tassen blickten. „Ich bin doch nicht die DDR losgeworden, damit ich jetzt nicht frühstücken kann, mit wem ich will“, soll Merkel gesagt haben. „Dann können wir das ja jetzt auch mal offiziell machen“, dachten sich die Unionsfrauen.

Mit der gleichen unprätenziösen Offenheit kontert Merkel aber auch die Erwartungen, die Chef-Feministin Schwarzer routinemäßig im Gepäck hat: Warum man nicht den Elternurlaub zur Pflicht für Mütter und Väter gemacht habe? Und warum die Parteichefin nicht überhaupt mal für die eine oder andere Frauenforderung in die Bresche springe? Merkels Ost-Antwort auf die West-Frage: „Dass die West-Feministinnen Emanzipation nur über den Beruf definierten, hat auch viel Schaden angerichtet.“ Eine Antwort mit biografischer Glaubwürdigkeit, die aufs Schönste ins CDU-Programm passt. Was von Angela Merkel frauenpolitisch zu erwarten ist: „Ja, Sie waren immer Vorprescher“, bescheidet sie Schwarzer, „aber die ganz normalen Frauen, die zu Hause mit ihren Männern klar kommen müssen, die wären mit Ihrem Vorpreschen gerade mal vor der eigenen Wohnungstür gelandet.“ Feminismus in der CDU.

Wie die Männer in der Partei mit den Frauen umgehen, lässt sich an Fraktionschef Friedrich Merz studieren: Der lobt die „wichtige Funktion“ der Frauen. „Seit Jahren“ seien sie ständige Mahnerinnen, genau so sollten sie weitermachen. Ob er damit ihre nachhaltige Einflussarmut meint? Im Übrigen habe man „entschieden zu wenig“ Frauen in der Fraktion. Aber um das Zahlenverhältnis nicht zu gefährden, „sollten wir in der Fraktion vor allem insgesamt wieder mehr werden.“ Haha.HEIDE OESTREICH