: Im Senatsgehege
Sie müssen hinter dem Gitter der Rathaushalle bleiben: Was die Hundeverordnung anrichtet. Die Heimtiere der Woche ■ Von Peter Ahrens
Wer will mich haben? Dies ist Karin, eine 7-jährige Rottweilerhündin, süddeutsche Zuchtform. Obwohl lebhaft, findet sie leider niemanden, der sie aufnehmen möchte, weil sie sehr leicht reizbar und extrem misstrauisch ist. Vorsicht: Angstbeißerin. Wittert schnell Feinde. Deshalb sollte sie nur in erfahrene Hände abgegeben werden. Sie hat allerdings auch ein schweres Schicksal hinter sich, da sie für ein Laborexperiment miss-braucht wurde: Sie wurde als Alphatier in ein großes Rudel gesteckt, in dem die dortigen Tiere sich bereits über Jahre ihre Reviere markiert und gesichert hatten. Dort konnte sie sich nur mit Aggressivität durchsetzen. Der Halter wusste sich daraufhin keinen anderen Rat, als ihr Halsband und Tuch aus bunten Signalfarben (violett, rosa) umzubinden, um auch die Außenwelt zur Vorsicht zu mahnen. Ratschlag: Die BesitzerIn sollte auf jeden Fall den Wesenstest bestanden haben. Maulkorb eventuell anzuraten. Behördliches Gesundheitszeugnis dürfte kein Problem sein.
Wer will mich haben? Das ist der Bulldoggenmischling Eugen, europäisch Kurzhaar. Zugegeben, unser Sorgenkind. Absolut schwer vermittelbar, seit fast 20 Jahren hat er sein Zuhause im Senatsgehege im so genannten „Rathaus“ gefunden, hat mehrere Heimleiter kennen gelernt. Dabei ist er eigentlich ein treuer Geselle. Der Rüde hat allerdings seinen eigenen Kopf, gehorcht nicht unbedingt auf Zuruf. Am liebsten würden wir ihn an AutofahrerInnen abgeben. Er liebt es nämlich, durch die Stadt zu fahren. Bei ausgedehnten Spaziergängen und Touren mit Herrchen oder Frauchen auf dem Rad verliert er dagegen schnell die Lust. Bellt oft. Ratschlag: Ihn vielleicht doch lieber in Ruhe lassen. Wir haben uns inzwischen fast damit abgefunden, dass er das Gehege nie verlassen wird. Er wird hier wohl sein Gnadenbrot bekommen.
Wer will mich haben? Das ist der 21-jährige Deutsche Schäferhund Hartmuth. Hartmuth war jahrelang Polizei- und Hütehund, ist auch heute noch äußerst wachsam. Ist auch schon seit Jahren im Zwinger. Kann an Einzelpersonen abgegeben werden, die einen treuen Gefährten brauchen und gleichzeitig jemanden, der auf das Grundstück aufpasst. Man sollte sich aber vor dem Versuch in Acht nehmen, ihn scharf machen zu wollen. Man weiß nie, wie er darauf reagiert. Beißfest, gute Zähne. Aufgefunden wurde er, weil ihn jemand im Schanzenviertel ausgesetzt und vor einem Plattenladen angebunden hatte. Drei Tage saß er dort und reagiert seitdem geradezu phobisch auf andere Hunde: Vor allem auf Schäferhundmischlinge mit drei Beinen und auf schwarze Afghanen. Ratschlag: Wesenstest zwecklos. Kategorie A.
Wer will mich haben? Der verspielte Pudel Thommy ist unser Augenstern. Wir wissen eigentlich selbst nicht, warum er bisher noch kein neues Zuhause gefunden hat. Thommy ist stubenrein, man kann ihn problemlos überall mit hinnehmen, zum Beispiel in die Wirtschaft, wo er jahrelang als Schoßhund gehalten wurde. Sein Problem: Er braucht extrem viel Auslauf, mindestens 170 Hektar. Sein Vorbesitzer hat ihn wahrscheinlich einfach zu sehr verwöhnt: Er hat für ihn extra ein großes Wasserloch zuschütten lassen und mit Erde verfüllt, damit Thommy mit seinem liebsten Spielkameraden, dem Airbusterrier Dasa, nach Herzenslust herumtollen konnte. Allgemein freundlich zu anderen Jungtieren. Ganz besonders knuffig: Man hat ihm beigebracht, unversehens zu reagieren, wenn ein Computer eingeschaltet wird. Er wedelt dann sofort mit dem Schwanz und frisst aus der Hand. Ratschlag: Wesenstest komplett unnötig. Bellt selten, beißt nie. Wenn er nur nicht so viel Platz brauchen würde.
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