: Spinnen ausdrücklich erlaubt
Das Harburger Theaterprojekt „Spotlight“ will schwer vermittelbaren Jugendlichen den Weg ins Berufsleben erleichtern ■ Von Nicole Vrenegor
Wer die Wahl hat, hat die Qual. So auch bei der Frage nach dem beruflichen Lebensweg. Für Jugendliche ohne Schulabschluss oder mit abgebrochener Lehre allerdings bleibt häufig nur die Qual. Sie gelten als schwer vermittelbar und erhalten auf dem ersten Arbeitsmarkt nur selten eine Chance.
Ein Theaterprojekt in Harburg soll diesen Jugendlichen den Weg in die Berufswelt erleichtern. „Spotlight“ heißt das auf ein Jahr angelegte Pilotprojekt, das gestern begann. Die vom Arbeitsamt geförderte Maßnahme richtet sich an 16- bis 18-Jährige aus Heimfeld, Neuwiedental und Umgebung, die noch keinen Ausbildungsplatz haben; Träger sind neben der GATE-Spotlight GmbH der Landesbetrieb Erziehung und Bildung, die BI Ausländische Arbeitnehmer und der Verein Jugend in Arbeit.
„Wir haben uns gefragt: Wie kann man Jugendliche, die schlechte Schulerfahrung gemacht haben, zum Lernen motivieren?“, erklärt der Theaterpädagoge Reiner Jodorf, wie die Idee zu „Spotlight“ entstand. „Eine Möglichkeit, sie zu begeistern, ist das Theaterspielen.“
Im Mittelpunkt des Projektes steht deshalb die rundum selbst inszenierte Aufführung: Gemeinsam mit PädagogInnen entwickeln die maximal 25 Jugendlichen ein Theaterstück, in das Persönlichkeit und Erfahrungen jedes Einzelnen mit einfließen sollen. Die TeilnehmerInnen lernen, sich auf der Bühne zu bewegen und zu sprechen, sie schneidern, führen Regie, bauen Kulissen und sorgen für Beleuchtung und Ton. In eingestreuten Praktikumsphasen arbeiten sie in Werkstätten, in denen die notwendigen Fertigkeiten erlernt werden. „Wir wollen, dass die Jugendlichen erkennen, wo ihre Stärken und Schwächen liegen“, sagt Jodorf.
Denn junge Menschen, die wenig Unterstützung in ihrem sozialen Umfeld erhalten, hätten Schwierigkeiten, ihre Fähigkeiten angemessen einzuschätzen. Schulfrust und Absagen von Arbeitgebern demotivierten zusätzlich. „Viele arbeitslose Jugendliche trauen sich nicht mehr in die Berufsberatung“, hat die Projektkoordinatorin Sabine Winter festgestellt. „Das Misstrauen gegen andere ist groß.“
Das „Spotlight“-Team will den Jugendlichen deshalb nicht nur Freude am Theaterspielen und Theatermachen vermitteln. Über die positive Motivation, so hoffen die MitarbeiterInnen, werden die TeilnehmerInnen auch Eigeninitiative und eigene Berufswünsche entwickeln und fit sein für den Sprung ins Berufsleben. „Theatermachen hört sich spielerisch an, es erfordert aber auch Verbindlichkeit“, sagt Jodorf.
Und es bietet Zeit und Raum zum Ausprobieren, Träumen und Lernen. „Spinnen“, ermuntert der Theaterpädagoge, „ist bei uns ausdrücklich erlaubt.“
Es werden noch TeilnehmerInnen gesucht. Kurzentschlossene können sich unter 460 09 29 anmelden.
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