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Aufatmen in Warschau

Polens Regierung zeigt sich mit dem Ergebnis von Nizza zufrieden: Die EU hat ein Datum genannt und der Beitrittskandidat bekommt nun doch gleich viele Stimmen wie Spanien

WARSCHAU taz ■ Der Marathon von Nizza hat auch in Warschau Spuren hinterlassen. Nur gemerkt hat man davon nichts. In Polens Hauptstadt lief das Weihnachtsgeschäft auf Hochtouren. Wer dennoch Zeit hatte, eine Zeitung aufzuschlagen, fand das Land im Vorhof zum Paradies. „Beitritt im Jahr 2004“, klotzte die liberale Gazeta Wyborcza und beantwortete damit die seit Monaten einzige Frage: „Wann?“

Damit hätte niemand mehr gerechnet, dass sich die 15 Länder endlich zu einem Datum durchringen könnten, schrieb die Zeitung. Aber nun sei es offiziell: Das Datum werde im Schlussdokument festgeschrieben. Dass ein solches Dokument noch gar nicht vorlag, vergaß man geflissentlich. Denn Polens Kernfrage war ja beantwortet.

Hinter den Kulissen jedoch lief am Samstag die polnische Diplomatie Sturm. Hatte doch Frankreich vorgeschlagen, den Polen zwei Stimmen weniger als Spanien im Ministerrat zu geben, obwohl beide Länder gleich viele Einwohner haben. Polens Antrag auf einen Beobachterstatus in Nizza wurde nicht entsprochen; die Regierung hatte von polnischen Journalisten von dem Vorschlag erfahren. Ministerpräsident Jerzy Buzek reagierte umgehend. Zuerst rief er José María Aznar an, dann Gerhard Schröder. Beide hätten den Polen versichert, sie hätten damit nichts zu tun, hieß es gestern in der Presse. Doch diese stellte ihre eigenen Vermutungen an. Die konservative Zycie Warszawy schiebt den schwarzen Peter den Franzosen zu, die angesehene Rzeczpospolita hält einen Verrat des Kanzlers für möglich. Ausgerechnet des Kanzlers, der am letzten Mittwoch im Sejm noch so sehr seine Freundschaft mit den Polen betont hatte. Ausgerechnet des Kanzlers, der gesagt hatte, er könne und wolle sich nicht vorstellen, dass Polen nicht in der ersten Beitrittsgruppe sei.

„Wer mag uns nicht?“, darum drehte sich gestern die Diskussion. Wieder einmal manifestierte sich der polnische Verfolgungswahn. Selbst als schon klar war, dass Polen gleich viele Stimmen wie Spanien bekommen wird: 27. Glücklich, dass es für Polen doch noch gut gekommen ist, war hingegen Jerzy Buzek. Jetzt steht das Land vor einer schwierigen Aufgabe: Es will, wie Buzek am Donnerstag in Nizza ankündigte, die Beitrittsverhandlungen ein Jahr früher als geplant (bis Ende 2001) abschließen. „Es ist Zeit, diese Datumsdiskussion endlich abzuschließen und uns den Beitrittbedingungen zuzuwenden“, mahnte schon am Samstag die Rzeczpospolita. HANS POSTEL

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