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Wachsende Skepsis im Norden

Von Kopenhagen bis Helsinki lautet das Fazit: Die EU hat sich in Nizza alles andere als reif für eine Erweiterung gezeigt. Schweden erwartet eine stressige EU-Präsidentschaft

STOCKHOLM taz ■ „Damit können wir leben“, fasste Schwedens Ministerpräsident Göran Persson die Ergebnisse zusammen. Doch mehr als eine diplomatische Floskel und der Versuch, die Stimmung in der Heimat nicht noch mehr in Wallung zu bringen, dürfte nicht hinter dieser Gelassenheit stehen. Der Mann, der in knapp drei Wochen für ein halbes Jahr das EU-Steuer übernehmen soll, war mit einem einzigen Vorsatz nach Nizza geflogen: „Wir brauchen eine Union, die funktioniert.“

Doch die nordischen Medien waren sich gestern darin einig, dass genau dies Nizza nicht zustande brachte. „Ein Flickwerk ohne Logik“, titeln die liberalen Dagens Nyheter. „Statt einfacherer Beschlussprozesse wird es jetzt noch schwieriger“, meint die Konkurrenz vom konservativen Svenska Dagbladet. Und gemeinsam lautet das Fazit von Kopenhagen bis Helsinki: Die EU hat sich alles andere als reif für eine Erweiterung gezeigt.

Das Gerangel um die Stimmenzahl im Ministerrat war eigentlich nicht der hauptsächliche Grund, warum die skandinavischen EU-Delegationen nach Südfrankreich gereist waren. Doch angesichts des Feilschens der anderen versuchte man doch zumindest am Rande mitzuhalten. Da wollte Schweden mit seinen 9 Millionen EinwohnerInnen sich plötzlich an den 10-Millionen-Ländern orientieren – was aber Österreich (8 Millionen) nicht akzeptierte. Und für Finnland wurde es zu nächtlicher Stunde urplötzlich furchtbar wichtig, dass der Stimmenvorsprung zum Neuankömmling Estland nicht zu gering ausfiel, nachdem man schon weniger als doppelt so viel Stimmen wie das winzige Zypern bekommen sollte.

Dass man sich mit einer geringfügigen Verschiebung der Stimmengewichtung zufrieden gab, war für Finnlands Premier Paavo Lipponen nur einem geschuldet: „Wir wollten keine weitere Verzögerung des Erweiterungsprozesses.“ Entspannt gab sich bei allen Rechenübungen nur Dänemarks Poul Nyrup Rasmussen, der zwar offen Mitleid zeigte, wie sein Kollege Göran Persson über den Tisch gezogen wurde, aber selbst sein Schäfchen ins Trockene brachte: „Wir wollen, dass die Gesamtordnung stimmt.“ Was für Kopenhagen vor allem bedeutet, dass es möglichst keine grundlegenden Änderungen gibt, da ansonsten der in der Verfassung verankerte Volkabstimmungsmechanismus ausgelöst worden wäre. Was nicht bei der Stimmengewichtung in Gremien, aber beispielsweise beim Prinzip „Ein Land, ein Kommissionsmitglied“ der Fall gewesen wäre.

REINHARD WOLFF

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