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Täter als Opfer

Thomas Drach, mutmaßlicher Kopf der Entführerbande von Jan Philipp Reemtsma, gesteht Tatbeteiligung

HAMBURG taz ■ Vielleicht lachten Jan Philipp Reemtsma und sein Anwalt, Johann Schwenn, nur deshalb auf, weil sie nach einstündiger Befragung des Angeklagten Thomas Drach ein emotionales Ventil brauchten. Drach, 40 Jahre, angeklagt, im März 1996 den Hamburger Akademiker und Millionenerben entführt und einen guten Monat lang gefangen gehalten zu haben, zeigte nämlich wenig Reue und klagte dafür umso heftiger über die Haftbedingungen, unter denen er in Argentinien gelitten habe.

An Seife und Toilettenpapier habe es unentwegt gefehlt, auch am Besteck. „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schlimm es in einem solchen Knast sein kann.“ Alles Notwendige, so räumte er aber ein, sei ihm von Angehörigen in den Knast gebracht worden. Das ändere aber nichts daran, dass er unter der „entwürdigenden Einzelhaft“ gelitten habe. Und: „Ich habe Reemtsma alles Notwendige gelassen, und ich hatte nicht einmal ein Blatt Klopapier.“ Das war die Stelle, an der der Nebenkläger, eben das Entführungsopfer, fast verwundert lachte.

Drach ging es freilich weniger darum, sich selbst zum eigentlichen Opfer zu stilisieren, sondern er wollte wohl, mit Blick auf seine wahrscheinliche Verurteilung, für die Anrechnung der argentinischen Abschiebehaft werben. Im Höchstfall drohen Drach, der auf Reemtsma erst nach dessen Solidaritätsaktionen für die Hafenstraße Mitte der Neunzigerjahre aufmerksam geworden war, 15 Jahre Haft.

Sollte sich das Gericht im Laufe der Beweisführung der Interpretation Drachs anschließen, würden ihm die angeblich schlechten Haftbedingungen in Lateinamerika in dreifacher Länge angerechnet – der Berufskriminelle könnte also bei vorzeitige Entlassung wegen guter Führung in einem deutschen Gefängnis schon in sechs Jahren wieder frei sein.

Die Höchststrafe ist allerdings wahrscheinlich, weil Drach, renitent und selbstbewusst, dem Gericht zu Protokoll gab, es solle froh sein, dass er nur alle juristischen Mittel in Argentinien ausgenutzt habe, um seiner Auslieferung nach Deutschland zu entgehen – „die anderen Mittel“ habe er ja gar nicht angewandt.

Aussagen zur Tat selbst, kündigte Drach an, werde er nicht machen, ebenso wenig zum Verbleib des auf 29 Millionen Mark geschätzten Lösegelds. Er bekannte sich lediglich dazu, einer der Mittäter gewesen zu sein. Der Prozess wird in der kommenden Woche mit der Aussage von Reemtsma fortgesetzt.

JAN FEDDERSEN

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